Jena/Gera/Erfurt. Die extreme Hitze hat im Sommer auch Thüringer Theater vor Herausforderungen gestellt. Nicht alle Häuser haben die nötige technische Ausstattung.

Vom Klimawandel bleiben auch die Thüringer Theater und Spielstätten nicht verschont. Dass Aufführungen wegen extremer Hitze kurzfristig abgesagt werden mussten, ist bislang zwar selten vorgekommen, aber auch kein Tabu mehr. Doch Klimaanlagen allein sind auch keine Lösung.

Mitte Juni musste das Theaterhaus Jena eine Vorstellung im Malsaal unter dem Dach des Theaterhauses wegen großer Hitze absagen, zwei Wochen später entfiel aus dem gleichen Grund der Thementag „Dirigieren“ im Volkshaus Jena. Und auch eine Sommertheateraufführung von „Cyrano de Bergerac“ in Rudolstadt fiel an jenem Tag der Extremhitze zum Opfer. Ansonsten aber trotzten die Thüringer Theater in diesem Jahr den hohen Temperaturen beziehungsweise bekamen sie mit ihrer Haustechnik in den Griff.

„Der Zuschauerraum ist klimatisiert, ebenso die Probebühne“, sieht beispielsweise die Sprecherin des Theaters Erfurt für ihr Haus keine Probleme. Selbst die unter freiem Himmel stattfindenden Domstufen-Festspiele, deren Premiere in diesem Jahr bekanntlich wegen eines Unwetters abgebrochen wurde, hätten bisher kein einziges Mal hitzebedingt absagen werden müssen.

Auf Klimaanlagen setzt – zumindest am Standort Gera – auch die Theater Altenburg Gera gGmbH: Sowohl Theater- und Konzertsaal als auch die Bühne am Park sind damit ausgestattet, teilt ein Sprecher mit. Keine Klimaanlage im eigentlichen Sinne gebe es derweil im Theaterzelt in Altenburg, das während der Sanierung des Schauspielhauses als Spielstätte dient: „Wir haben dort aber eine gute Lüftungsanlage, so dass auch bei hohen Außentemperaturen frische Luft im Zelt ist“, versichert der Sprecher.

Über Klimaanlagen verfügt auch das Meininger Staatstheater, das nach eigener Auskunft schon seit zehn Jahren keine Vorstellung wegen Hitze oder auch Kälte abgesagt hat: Die 2011 im Zuge der Generalsanierung im Großen Haus eingebaute Klimaanlage sorge dafür, dass es selbst an heißen Tagen bis in den dritten Rang hinein angenehm kühl sei. Und auch im Neubau der Kammerspiele sei klimatechnisch alles auf dem neuesten Stand, sagt eine Sprecherin. Doch nicht nur an das Publikum werde gedacht, sondern auch an die Mitarbeiter, ergänzt der Technische Direktor des Hauses: Derzeit würden Klimageräte unter anderem im Orchesterproberaum, in der Schneiderei und im Malsaal installiert.

Auch im Theater Nordhausen sollen sich die Bedingungen für Zuschauer wie Mitarbeiter verbessern: Von August 2020 an wird das 1917 erbaute Haus saniert und um einen Anbau ergänzt – und im Zuge dessen eine neue Klimaanlage für bessere Luft sorgen. Allerdings werden die Arbeiten erst 2024 abgeschlossen sein. Keine Klimaanlage vorhanden und keine geplant ist derweil im Eichsfelder Kulturhaus Heiligenstadt, das – Anfang der 60er-Jahre gebaut – bereits Denkmalschutzstatus genießt: „Wir versuchen, hohen Temperaturen durch das Schließen der Türen fernzuhalten“, sagt der Hauselektriker. Das simple Prinzip der Abschottung funktioniere bislang recht gut.

Ohne Klimaanlage auskommen müssen auch die kleinen Spielstätten des Theaters Rudolstadt, der Schminkkasten und das Kinder- und Jugendtheater „theater tumult“. Deshalb werde in beiden traditionell im Juni/Juli der Spielbetrieb eingestellt, sagt eine Sprecherin. Die Hauptspielstätte im Stadthaus sei dagegen klimatisiert. Um hitzebedingte Belastungen für Publikum und Mitarbeiter im Rahmen zu halten, reagiere das Theater außerdem auf Hitzewellen, indem Proben und Aufführungen zeitlich verschoben werden.

Frühmorgendliches Lüften hilft im Jenaer Theaterhaus

Das Theaterhaus Jena versucht derweil, durch frühmorgendliches Lüften für erträgliche Temperaturen im Bühnenraum zu sorgen. Allerdings muss es dann passen, wenn die Nächte – was immer häufiger vorkommt – tropisch bleiben und gar keine Abkühlung bringen. Wenn sich dann noch eine Spielstätte wie der Malsaal, der an der Südseite des Hauses unterm Dach liegt, tagsüber extrem aufheize, könne er nicht mehr genutzt werden. Eine Strategie für die Zukunft gibt es offenbar noch nicht. Das Deutsche Nationaltheater Weimar verfügt einer Sprecherin zufolge über komplexe Lüftungsanlagen mit adiabatischer und Kompressorkühlung, um den Spielbetrieb im Großen Haus, auf der Studiobühne und in der Spielstätte E-Werk zu gewährleisten. Auf der Studiobühne sei das allerdings bei hohen Außentemperaturen aus bauphysikalischen Gründen nur schlecht möglich. Hinzukomme, dass die zumeist 1998 eingebauten Anlagen schon etwas in die Jahre gekommen sind und langfristig zwingend modernisiert werden müssten. „Auf diese Notwendigkeit haben wir auch schon die Eigentümer des Gebäudes hingewiesen“, sagt die Sprecherin.

Anders sieht es im Volkshaus Jena aus, das derzeit saniert und bis zum nächsten Sommer mit Kühltechnik ausgestattet wird. Für Carsten Müller, stellvertretender Werkleiter des städtischen Eigenbetriebs Jena-Kultur, ist das aber kein Ruhekissen. „Denn der Betrieb von Klimaanlagen ist zwar gut für die Gäste, aber alles andere als nachhaltig und umweltfreundlich“, gibt er zu bedenken. Dazu komme, dass die Besucher bei großer Hitze immer weniger motiviert seien, abends in eine Aufführung oder ein Konzert zu gehen. „Das gilt für Indoor- wie für Outdoor-Veranstaltungen. Dadurch gehen Ticketeinnahmen zurück“, sieht Müller Veranstalter und Betreiber von Spielstätten zusätzlich unter Druck gesetzt. Veranstalter müssten reagieren, indem sie die Zahl der Veranstaltungen reduzieren.

Für besonders dramatisch hält Carsten Müller die Auswirkungen hoher Temperaturen auf Klassik-Produktionen. Denn weil sich die Instrumente bei Hitze verstimmen, seien Konzerte drinnen wie draußen schwierig. „Orchester stehen vor einer besonders großen Herausforderung“, findet der Vize-Werkleiter. Denn um spielfreie Zeiten, die sich in Zukunft verlängern werden, wieder auszugleichen, müssten sie in der restlichen Spielzeit mehr Konzerte geben – und das bei einer möglichst stabil bleibenden Nachfrage.