Erfurt. Ohne Schulabschluss stehen die Chancen auf eine Lehrstelle auch in Zeiten des Azubi-Mangels schlecht. Gerade Schüler mit Lerndefiziten benötigen oft besondere Förderung, damit sie den Abschluss schaffen.

In Thüringen verlassen immer mehr sonderpädagogisch geförderte Schüler die allgemeinbildenden Schulen ohne Abschluss. Während am Ende des Schuljahres 2014/2015 noch etwa 53 Prozent von ihnen ohne Abschluss abgingen, waren dies 2018/2019 schon fast 61 Prozent, wie aus der Antwort des Thüringer Bildungsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Christoph Zippel hervorgeht. Der Anstieg betraf vor allem die Regelschulen, aber auch die Förderschulen ist er allerdings gestiegen.

Schüler haben nach Angaben des Ministeriums dann einen sonderpädagogischen Förderbedarf, wenn sie «in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten so beeinträchtigt sind, dass sie im Unterricht der Grundschule, der weiterführenden allgemein bildenden oder der berufsbildenden Schulen ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können». Das kann zum Beispiel bei Problemen beim Sehen oder Hören oder Defiziten in der Sprachentwicklung der Fall sein. Auch Kinder und Jugendliche, deren emotionale, soziale oder geistige Entwicklung gestört ist, benötigen zusätzliche pädagogische Unterstützung.

Vom Bildungsministerium heißt es, betroffene Schüler würden im gemeinsamen Unterricht zum Beispiel in den Grund- und Regelschulen sowie den Gymnasien unterrichtet, soweit dies infolge ihrer Einschränkungen möglich sei. «Können sie dort auch mit Unterstützung durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste nicht ausreichend gefördert werden, sind sie in Förderschulen zu unterrichten, damit sie ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Schulabschlüsse erreichen können», steht auf einer Webseite des Ministeriums zum Unterricht dieser jungen Menschen.

Nach der Ministeriumsantwort auf die CDU-Anfrage ist allerdings besonders der gemeinsame Unterricht an den Regelschulen zuletzt immer häufiger nicht dazu in der Lage, diese Schüler zu einem Abschluss zu führen. Im Schuljahr 2018/19 betraf dies fast 59 Prozent der auf besondere Förderung angewiesenen Regelschüler, nachdem es 2014/15 noch 39 Prozent waren. An den Gemeinschaftsschulen stieg der Anteil der erfolglos geförderten Schüler im gleichen Zeitraum von etwa 41 auf fast 52 Prozent, an den Förderschulen von 58 auf etwa 64 Prozent.

An den Gymnasien dagegen schaffen in der Regel auch Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ihr Abitur: Innerhalb der vergangenen fünf Jahre erhielten nach Angaben des Ministeriums nur im Schuljahr 2016/2017 zwei Schüler keinen Abschluss, was einem Anteil von 15,4 Prozent der 13 Schüler mit Spezialbedarfen entspricht, die damals im Freistaat ein Gymnasium besucht hatten.

Die Gründe für die Entwicklung sind nach Angaben des Bildungsministeriums vielfältig. Nicht zuletzt schwierige soziale Bedingungen im Elternhaus bis hin zu Gewalterfahrungen oder häufige Schulwechsel der betroffenen Kinder und Jugendlichen gefährdeten ihre schulischen Erfolge. Nachteilig sei zudem die Konzentration von Kindern mit «atypischen pädagogischen Herausforderungen» oder mit ungenügenden Deutschkenntnissen an einer Schule. «Hier gelingt es nur schwer, den Bildungserfolg von den negativen und hemmenden Einflussfaktoren dieser Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen zu entkoppeln», schreibt das Ministerium in seiner Antwort.

Insgesamt waren in Thüringen in den vergangenen fünf Jahren laut Ministerium etwa 1200 bis 1300 Schüler auf besondere Unterstützung angewiesen. Etwa 600 bis etwa 700 davon erhielten keinen Schulabschluss.