Kraftsdorf. Im ostthüringischen Kraftsdorf haben die DDR-Treter überlebt.

Wenn der Frühling den Sommer ankündigt, dann kommt die Hochzeit der Latschen – genauer: Der Jesuslatschen. Die flachen und leichten Treter, die schon Kult zu DDR-Zeiten waren, haben immer noch eine riesige Fangemeinde, auch in Thüringen. „Gerade in den letzten Jahren ist die Nachfrage nach den Sandalen kontinuierlich gestiegen“, erklärt Gunar Födisch von der kleinen Firma „Pantoffelmann“, die ihren Sitz in Kraftsdorf (Landkreis Greiz) hat. Wahrscheinlich habe das auch mit den heißen Sommern zu tun, vermutet der 48-Jährige.

Hitze hin oder her – in dem ostthüringischen Örtchen jedenfalls haben die Jesuslatschen überlebt. „Damals, im Jahr 2008, haben wir unser Sortiment um den Ost-Klassiker erweitert – und nach und nach stellte sich heraus, dass wir mit dieser Idee voll ins Schwarze getroffen haben“, erinnert sich Födisch. Gerade die Ostdeutschen entdeckten ihre Liebe zu dem DDR-Klassiker neu. „Die Interessenten kommen oftmals aus der Theater- und Bluesszene, das war schon zu Ost-Zeiten so.“ Auch bei Lkw-Fahrern sei das leichte Schuhwerk extrem beliebt.

Gerade einmal 18,90 Euro kostet das Paar Latschen. Sorgsam wird das Leder ausgesucht, die Sohle gestanzt und am Ende mit den daumenbreiten Lederriemen verklebt und vernietet. „Die Fertigung der Schuhe hat sich bis heute nicht verändert, die Maschinen stammen noch aus alten Produktionshallen“, weiß Födisch zu berichten. Eine Zeit lang wurden die Treter auch noch in Greiz gefertigt.

„Auch wenn wir von einer steigenden Nachfrage sprechen, so sind die Stückzahlen im Vergleich zu anderen Schuhen natürlich recht gering“, schränkt Födisch ein, der das kleine Geschäft bereits in der dritten Generation führt. Auch wenn momentan keine Knappheit herrscht, ein Massenprodukt werden die Jesuslatschen wohl nie wieder werden. „Wer denkt, er könnte mal rasch einen Laster bestellen, der irrt.“

Gunar Födisch mit einem Paar Jesuslatschen
Gunar Födisch mit einem Paar Jesuslatschen © rathay | Pantoffelmann

Doch was genau macht nun den Reiz der Treter aus. Eigentlich sind es unscheinbare Dinger, eine graue Sohle, das Leder glänzt mattbraun. Die Schnallen wirken auch nicht wirklich edel. „Es gibt für mich nur eine Erklärung: Ein wirklich zeitloser und vor allen Dingen praktischer Schuh – dies, gepaart mit der Geschichte, ist das Besondere“, glaubt der Unternehmer.

Und deshalb hätten die Schuhe auch kein Verfallsdatum. „Immer wieder kommen junge Leute hinzu, die sich für ein Paar entscheiden und begeistert sind.“ Zumal der Preis wirklich unschlagbar sei…

In der klammen DDR, so erzählt man es sich noch heute, wurden die Schuhe aus Lederresten hergestellt. Und oft, auch das ist längst Geschichte und Legende zugleich, wurden sie von jenen getragen, die mit dem sozialistischen Staat wenig am Hut hatten. Die Typen aus der Aussteigerszene nannten sich Blueser oder Kunden. Oft hatten sie lange Haare, Bart, mit Vorliebe trugen sie Jeans und Parka. Und eben die Jesuslatschen. Jedenfalls im Sommer. Die restliche Zeit verbrachten die Füße der DDR-Aussteiger in den sogenannten Trampern, halbhohe Schuhe aus weichem Rauleder. Klar, dass diese betagten Treter ebenfalls in Kraftsdorf zu finden sind.

Mehr Infos: www.pantoffelmann.de