Olbersleben. Den eigentlichen Termin der Stollenprüfung hat Bäckermeister Silvio Höhne aus Olbersleben verpasst. Bei der „Nachprüfung“ aber erhält er Gold.

Fast wäre es schiefgegangen. Bäckermeister Silvio Höhne aus Olbersleben hat die diesjährige Stollenprüfung verpasst. Bei der „Nachprüfung“ aber holte er dreimal 100 Punkte für seinen Butter-, Meister- und Mandelstollen.

Der 42-Jährige muss noch heute lachen, wenn er an den 4. November denkt. Wie jedes Jahr hatte der Olberslebener von der Bäckerinnung Weimar-Sömmerda-Weimarer Land die Einladung zur Stollenprüfung erhalten und sich beim flüchtigen Blick darauf gewundert, dass sie erst am 4. Dezember stattfinden soll. Da bleibt ja nicht mehr viel Zeit, mit den erzielten Ergebnissen zu werben, waren seine ersten Gedanken. Genau einen Monat vorher, am 4. November, wollte er sich dann für die Prüfung anmelden.

Beim Aufrufen des Formulars auf dem Computer aber bekam er einen gehörigen Schreck. Der Termin war gar nicht Anfang Dezember, sondern am 4. November. Sein Blick fiel auf den rechten unteren Bildschirmrand, wo ihm just dieses Datum entgegenprangte.

Es war 12.30 Uhr. Manchmal, wusste Silvio Höhne aus Erfahrung, dauert so eine Stollenprüfung etwas länger, bis nach dem Mittag. Sofort griff er zum Telefonhörer und rief in Weimar an, wo die Prüfung im Handwerksbildungszentrum stattfand.

Prüfer nimmt Backwerk mit nach Gera

Michael Isensee, Qualitätsprüfer im Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks, ging tatsächlich an den Apparat, hatte aber keine gute Nachricht. Die Prüfung war bereits beendet und alles zusammengepackt.

Doch der Prüfer hatte eine Idee. Wenn der Olberslebener seinen Stollen nach Gera bringen würde, könnte Isensee ihn dort bei der nächsten Stollenprüfung einen Tag später bewerten. Nach Gera wollte Silvio Höhne nicht unbedingt fahren. Aber nicht weit entfernt vom Handwerksbildungszentrum befindet sich eine seiner Weimarer Filialen. Eine Verkäuferin brachte von dort drei Stollen zum Prüfer – und dieser nahm sie gleich mit nach Ostthüringen.

Als die Kundschaft davon hörte, dass die Stollenprüfung stattgefunden hatte und Silvio Höhne nicht dabei war, fragten etliche bei dem Bäckermeister nach, erzählt er. Warum er nicht teilnahm, wollten sie wissen. Ob er es vielleicht nicht mehr richtig könne...

Nach der Kirmes beginnt das Stollen-Backen

Der Olberslebener reicht jedes Jahr Backwerk zur Bewertung ein. Zum einen „aus Gewohnheit“, weil auch sein Opa und seine Mutter das schon immer machten, sagt er. Zum anderen aber auch um zu schauen, wo er steht. Zu jeder Prüfung gibt es ein Protokoll, in dem bei Punktabzügen auch mögliche Gründe dafür aufgeführt sind.

Inzwischen hat Silvio Höhne die Ergebnisse der Prüfung erfahren und die Urkunden erhalten. Dreimal 100 Punkte und damit jeweils die volle Punktzahl erhielt er für sein Backwerk. Und weil das für den Butter- und den Mandelstollen schon das dritte Mal hintereinander geschah, gab es für diese noch zwei Goldmedaillen für die gleichbleibende Qualität obendrauf.

Begonnen mit dem Stollen-Backen hatte Silvio Höhne auch in diesem Jahr schon in der Woche nach der Olberslebener Kirmes Ende Oktober. Neben den geprüften Sorten hat er auch Quark-, Cranberry-Dinkel-, Nougat-, Olivenstollen und Weimarer Hofstollen mit Pistazien und Marzipan im Sortiment. Und erstmals in diesem Jahr will der Bäckermeister Mohnstollen anbieten. Er habe einen neuen Kollegen aus der Dresdner Ecke, mit ihm gemeinsam wolle er das probieren. Ein solcher Mohnstollen würde das Sortiment schön abrunden, findet Silvio Höhne.

Der 42-Jährige selbst isst am liebsten Mandelstollen ohne Rosinen. Und auch wenn der Stollen kühl gelagert werden sollte, vor dem Essen sollte man ihn ins Warme holen, empfiehlt der Kenner. Denn am besten schmecke er bei Zimmertemperatur.