Erfurt/Gera. Thüringen ist aktuell noch immer das am zweitstärksten von der Corona-Pandemie betroffene Bundesland. Am SRH Wald-Klinikum in Gera werden Operationen verschoben.

Auf der Intensivstation des SRH Wald-Klinikums in Gera herrscht am Mittwoch reges und professionelles, aber kein hektisches Treiben. Seit Beginn der Corona-Pandemie werden dort auch Patienten behandelt, die an den Folgen einer Infektion mit dem neuartigen Virus leiden. «Inzwischen sind wir im kritischen Bereich», sagt Oberarzt Bernd Reichmann. Die Zahl derjenigen, die intensivmedizinisch behandelt und zum Teil künstlich beatmet werden, verändere sich permanent. Alle aktuellen Entwicklungen in unserem Corona-Liveblog

Es seien auch schon Patienten mit oder an einer Erkrankung mit dem Sars-CoV-2-Virus gestorben, sagte Reichmann, ohne Zahlen zu nennen. In Gera werden Menschen aus dem gesamten Ostthüringer Raum aufgenommen. Wie sich die Lage weiter entwickeln werde, dazu wollte der Oberarzt keine Prognose abgegeben. Die dynamische Entwicklung bei den Corona-Infektionen in Thüringen spiegele sich im Krankenhausalltag wieder.

Thüringen ist weiterhin am zweitstärksten betroffen

Noch deutet nichts darauf hin, dass sich die Situation im Land demnächst entspannen könnte. Die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage stieg in Thüringen auf 255, wie aus Angaben des Robert Koch-Instituts (Stand 16. Dezember, 0.00 Uhr) hervorgeht. Damit bleibt Thüringen weiterhin das im Verhältnis am zweitstärksten von der Pandemie betroffene Bundesland – nach Sachsen (Sieben-Tage-Inzidenz: 407).

Insgesamt seien von Dienstag auf Mittwoch 792 Neuinfektionen nachgewiesen worden, hieß es. Damit stieg die Gesamtzahl der seit Pandemiebeginn registrierten Fälle in Thüringen auf 27.728. Davon gelten schätzungsweise 18.430 Fälle als genesen. Die Zahl der Gestorbenen, bei denen das Sars-CoV-2-Virus nachgewiesen wurde, stieg um 24 auf 563.

Erfurts OB forder härtere Regeln für Notbetreuung

Angesichts des weiter aktiven Corona-Infektionsgeschehens soll die Notbetreuung an Kitas und Schulen nach Ansicht von Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) eingeschränkt werden. Er forderte das Land auf, spätestens zum Jahresbeginn eindeutige und härtere Regeln festzulegen.

Am Waldklinikum in Gera waren es an den vergangenen Tagen immer mehr als 80 Patienten, die mit Covid-19 behandelt wurden. Nicht alle müssen auf die Intensivstation, der größte Teil wird in einer extra eingerichteten Covid-19-Station untergebracht. Auf der Covid-Intensivstation stehen im Regelfall zehn Betten zur Verfügung. «Wir können aber bei Bedarf flexibel reagieren und zusätzliche Betten bereitstellen», sagt Kliniksprecherin Katrin Wiesner.

Wald-Klinikum behandelt doppelt so viele Fälle als bei erster Welle

Um dem gewachsenen Bedarf an Personal für die Covid-Behandlung gerecht werden zu können, wurden einige planbare Operationen im Klinikum verschoben. Schon dadurch wurde automatisch etwas mehr Platz auf der Intensivstation des Hauses frei. Die Beschäftigten, die sonst im Operationssaal arbeiteten, seien alle intensivmedizinisch ausgebildet und könnten deshalb dort eingesetzt werden, berichtet Wiesner.

Was die Situation derzeit noch einmal verschärft ist die Tatsache, dass die Corona-Patienten auf der Intensivstation in der Regel länger betreut werden müssen als andere. So müssten sie bei Bedarf zum Beispiel zwischen sieben und 14 Tagen beatmet werden, erklärt Reichmann. Bei einer durch normale Grippeviren ausgelösten Lungenentzündung verlaufe die Erholung viel schneller als bei einer durch das neuartige Corona-Virus verursachten Pneumonie.

Einblicke in eine Covid-19-Intensivstation

Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera.
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Der Ernstfall ist da. Erstmals sind an diesem Tag alle Betten auf der für Covid-19-Patienten reservierten Intensivstation im Geraer SRH Wald-Klinikum belegt.
Der Ernstfall ist da. Erstmals sind an diesem Tag alle Betten auf der für Covid-19-Patienten reservierten Intensivstation im Geraer SRH Wald-Klinikum belegt. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Zehn waren es regulär, ein elftes haben sie schon hinzugestellt. Vor Ort sprechen sie nun von Eskalationsstufe 2 ...
Zehn waren es regulär, ein elftes haben sie schon hinzugestellt. Vor Ort sprechen sie nun von Eskalationsstufe 2 ... © Sascha Fromm | Sascha Fromm
... das Bedeutet: Ein Drittel der gesamten ITS-Betten des Klinikums wird für Patienten mit dem heimtückischen Virus vorgehalten.
... das Bedeutet: Ein Drittel der gesamten ITS-Betten des Klinikums wird für Patienten mit dem heimtückischen Virus vorgehalten. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Zur Covid-Intensivstation (ITS) gelangt man durch eine Doppeltür, die mit Warnhinweisen beklebt ist:
Zur Covid-Intensivstation (ITS) gelangt man durch eine Doppeltür, die mit Warnhinweisen beklebt ist: "Zutritt nur für Befugte und unter Vollschutz". Dies gilt auch für Reporter. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Auf der Station herrscht Betriebsamkeit. Türen öffnen und schließen sich automatisch mit leisem Zischen. Betten werden frisch bezogen, der Sitz von Luftschläuchen und Kathedern überprüft, Apparate nachjustiert.
Auf der Station herrscht Betriebsamkeit. Türen öffnen und schließen sich automatisch mit leisem Zischen. Betten werden frisch bezogen, der Sitz von Luftschläuchen und Kathedern überprüft, Apparate nachjustiert. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
In eine der Zimmer kommt Bewegung. Ein Patient soll in die Bauchlage gedreht werden. Durch Entzündungen kommt es bei Covid-19 zu einem Missverhältnis zwischen der Belüftung der Lunge und ihrer Durchblutung.
In eine der Zimmer kommt Bewegung. Ein Patient soll in die Bauchlage gedreht werden. Durch Entzündungen kommt es bei Covid-19 zu einem Missverhältnis zwischen der Belüftung der Lunge und ihrer Durchblutung. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Durch die Drehung um bis zu 180 Grad könne man in das Missverhältnis eingreifen. Eine Gefahr bei der Bauchlage sind Geschwüre an Hautstellen, die den Druck nicht gewöhnt sind.
Durch die Drehung um bis zu 180 Grad könne man in das Missverhältnis eingreifen. Eine Gefahr bei der Bauchlage sind Geschwüre an Hautstellen, die den Druck nicht gewöhnt sind. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Schließlich liegt der Mann bäuchlings auf dem Bett, einen Arm abgelegt auf einem Sideboard, als würde er schwimmen. Deshalb nenne man die Haltung auch
Schließlich liegt der Mann bäuchlings auf dem Bett, einen Arm abgelegt auf einem Sideboard, als würde er schwimmen. Deshalb nenne man die Haltung auch "Krauler". © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Die Beatmung der Patienten muss ständig überwacht werden.
Die Beatmung der Patienten muss ständig überwacht werden. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Oberarzt Dr. Bernd Reichmann überwacht die Körperfunktionen eines Patienten.
Oberarzt Dr. Bernd Reichmann überwacht die Körperfunktionen eines Patienten. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Michael Schatz (Fachpfleger), Kevin Schikora (Physiotherapeut), Josephine Köhler (Physiotherapeutin), Dr. Anna-Franziska Bartsch (Ärztin in Weiterbildung) beim Drehen eines Patienten in die Bauchlage.
Im Foto: Michael Schatz (Fachpfleger), Kevin Schikora (Physiotherapeut), Josephine Köhler (Physiotherapeutin), Dr. Anna-Franziska Bartsch (Ärztin in Weiterbildung) beim Drehen eines Patienten in die Bauchlage. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Nicht alle Behandlungen gehen gut aus. Knapp die Hälfte aller Covid-Intensivpatienten habe man verloren, die meisten in den letzten Wochen.
Nicht alle Behandlungen gehen gut aus. Knapp die Hälfte aller Covid-Intensivpatienten habe man verloren, die meisten in den letzten Wochen. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Man sei pragmatisch, aber nicht abgebrüht. Man betreue Patienten über Wochen, baue Bindungen auf, kämpfe jeden Tag mit viel Herzblut um das Weiterleben.
Man sei pragmatisch, aber nicht abgebrüht. Man betreue Patienten über Wochen, baue Bindungen auf, kämpfe jeden Tag mit viel Herzblut um das Weiterleben. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Nach Mittag kann eine Patientin verlegt werden. Ein Raum ist leer. Auf einem Bildschirm steht „Entlassen“. Das Bett brauchen sie sofort für die Überweisung eines schweren Falls aus Greiz.
Nach Mittag kann eine Patientin verlegt werden. Ein Raum ist leer. Auf einem Bildschirm steht „Entlassen“. Das Bett brauchen sie sofort für die Überweisung eines schweren Falls aus Greiz. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Michael Schatz, Fachpfleger am Klinikum in Gera.
Im Foto: Michael Schatz, Fachpfleger am Klinikum in Gera. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Ein Kontrollbildschirm.
Im Foto: Ein Kontrollbildschirm. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Dr. Bernd Reichmann, Oberarzt, Anästhesiologie und Intensivmedizin.
Im Foto: Dr. Bernd Reichmann, Oberarzt, Anästhesiologie und Intensivmedizin. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Michael Schatz, Fachpfleger.
Im Foto: Michael Schatz, Fachpfleger. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Ulla Fischer, Pflegefachkraft.
Im Foto: Ulla Fischer, Pflegefachkraft. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Richard Pritzkat, ist eigentlich von Beruf Feuerwehrmann und macht derzeit ein Praktikum im Rahmen der Ausbildung zum Rettungssanitäter.
Im Foto: Richard Pritzkat, ist eigentlich von Beruf Feuerwehrmann und macht derzeit ein Praktikum im Rahmen der Ausbildung zum Rettungssanitäter. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Thomas Gerauch, Fachpfleger.
Im Foto: Thomas Gerauch, Fachpfleger. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Erik Matthes, Pflegefachkraft.
Im Foto: Erik Matthes, Pflegefachkraft. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Im Foto: Oberarzt Dr. Bernd Reichmann.
Im Foto: Oberarzt Dr. Bernd Reichmann. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera.
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera.
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera.
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera.
Leben unter Corona, eine Bild-Reportage von der Covid-19-Intensivstation im SRH-Wald-Klinikum Gera. © Sascha Fromm | Sascha Fromm
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Seit Beginn der Pandemie sind am SRH Wald-Klinikum bisher rund 500 Corona-Patienten aufgenommen worden. Allerdings hat sich das Geschehen nach Wiesners Angaben zuletzt deutlich beschleunigt. Inzwischen würden doppelt so viele Covid-19-Patienten behandelt wie in der ersten Welle. Auch in Gera setzt man die Hoffnung mit darauf, dass es bald Impfungen gegen das Virus geben könnte.