Erfurt. Erfurt. Die geplante Moschee spaltet die Einwohner von Marbach. Zu hören sind bisher aber vor allem die Gegner des neuen Gemeindezentrums der Ahmadiyya. Ein Stimmungsbericht.

Für Astrid Rothe-Beinlich war es ein echter Kraftakt. Weil alle abwehrend die Hände hoben, hatte die Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag und Erfurter Stadträtin am Sonntag in der vergangenen Woche die Moderation beim ersten Bürgerdialog zum Moscheebau in Marbach übernommen.

Doch an ein echtes Gespräch war in der Sporthalle des Erfurter Vorortes lange nicht zu denken. Nicht nur, weil die Halle heiß, stickig und so voll war, dass viele draußen bleiben mussten. Auch sonst erwies sich die Atmosphäre als hitzig und aggressiv. Erklärungen der Ahmadiyya-Vertreter gingen in Pfiffen und Buhrufen unter. Ähnlich erging es auch denen, die zur Besonnenheit mahnten oder sich zu religiöser und kultureller Vielfalt bekannten.

Niemand habe mit einer solchen Lynchstimmung in Marbach rechnen können, konstatiert Rothe-Beinlich inzwischen rückblickend. Viele seien wohl nur in die Sporthalle gekommen, um Krawall zu schlagen.

Tatsächlich ist das kleine Örtchen Marbach in diesen Tagen gespalten. Grund ist eine Moschee von der Größe eines Zweifamilienhauses mit Kuppel (6 Meter) und Minarett (11 Meter), zu der es bisher nur eine Bauvoranfrage gibt. Eine solche wird gestellt, wenn zum Beispiel unklar ist, ob ein Grundstück nach dem geltenden Bauplanungsrecht überhaupt bebaubar ist.

Mohammed als Massenmörder

Doch solche Eventualitäten können die Marbacher Gegner des Moscheebaues nicht bremsen. Auf ihrem Feldzug gegen die Ahmadiyya werden Bürger zu leidenschaftlichen Islamkritikern. Das Internet bietet dafür reichlich Zündstoff.

Vernehmbar sind vorerst vor allem die, die gegen die Moschee mobil machen. Alles, was sich irgendwie gegen den Islam vorbringen lässt, wurde in der Sporthalle aufgeboten: Terror, Scharia, Fatwa, aggressive Flüchtlinge, die Unterdrückung des weiblichen Geschlechtes.

Hans Pfistner, im Hauptberuf Professor für Zahnmedizin, ein CDU-Stadtrat, der vorgab, nur als Privatmann zu sprechen, verstieg sich sogar dazu, Mohammed als mehrfachen Massenmörder und Kinderschänder zu bezeichnen.

Marbach am darauffolgenden Dienstag. Pfarrer Ricklef Münnich hatte ins beschauliche Gemeindezentrum zur öffentlichen Informationsveranstaltung und zum Gespräch eingeladen. Rückendeckung bekam er von Andreas Fincke, ebenfalls Pfarrer, Studentenseelsorger und Leiter der Evangelischen Erwachsenenbildung.

Etwa 30 meist ältere Herrschaften saßen im Raum. Wir haben die Chance, etwas mehr unter uns zu sein als am Sonntag, sagte Münnich. Jeder sollte alles sagen und fragen können. Gemeindevertreter der Ahmadiyya waren nicht zugegen.

Auch hier melden sich vor allem die Moscheegegner zu Wort. Ihre Argumente ähnelten denen vom Sonntag, wurden aber deutlich ruhiger vorgebracht. Terror, Frauen, die Verfolgung der Christen in islamischen Ländern.

Einer sagt, er könne nicht mit Gläubigen auf engem Raum zusammenleben, die keine Respekt vor der Bibel und vor Jesus Christus hätten. Übergriffe und Aggressivität unter Flüchtlingen werden angeprangert.

Mit der Religiösität sei das so eine Sache, sagt Andreas Fincke. Öffentlich gelebte Gläubigkeit sind viele von uns nicht mehr gewohnt. Eine katholische Fronleichnamsprozession ist im Osten genauso fremd wie eine islamisches Freitagsgebet.

Pfarrer Fincke appellierte an die Anwesenden, Kontakte zu den Ahmadiyya herzustellen, sich kennenzulernen. So könne man miteinander reden und auch Probleme wie die Ungleichbehandlung der Frauen ansprechen.

Und sich dann auch an die eigene Nase fassen. So mancher berufe sich nämlich auf Rechte und müsse sich selbst fragen, ob er sie auch in seiner Familie gewährt. Überzeugen kann er die Kritiker damit wohl eher nicht.

Keine Fotos, keine Namen das war die Ansage an die Journalisten bei einer Bürgerrunde, zu der die Thüringer AfD in der gleichen Woche in die Alacher Schenke eingeladen hatte. Im Saal sind die AfD-Vertreter Corinna Herold und Stefan Möller mit Moscheegegnern unter sich.

Thema waren rechtliche Schritte gegen den Moscheebau. Schon vorher hat die Partei angekündigt, diesen mit allen Mitteln zu verhindern.

AfD bietet Unterstützung für Bürgerinitiative an

Jetzt aber sollten erst einmal die Marbacher ran. Bürgerinitiative, Bürgerbegehren, Anwohnerklagen was immer geht, soll gemacht werden. Dabei geben sich die Alternativen betont zurückhaltend. Auf den Aktionen sollte nicht AfD draufstehen, das muss von Euch kommen, betonen Herold und Möller.

Und natürlich soll es dabei auch rechtsstaatlich zugehen, so etwas wie Schweinekopf oder Schweineblut gibt es bei uns nicht, sagt Stefan Möller. Wir unterstützen Euch dabei.

Das kam an im Saal. Listen gingen herum, auf denen sich Interessenten für die Bürgerinitiative eintragen konnten. Von der rechtsnationalen Bewegung Ein Prozent für unser Land gabs ein Grußwort und die Zusage finanzieller Unterstützung.

Ganz ohne AfD soll es aber wohl nicht laufen. Denen, die der AfD gegenüber aufgeschlossen sind oder die es werden wollen, darf ich herzliche Grüße von Herrn Höcke überbringen, sagt Herold zum Abschluss.

Astrid Rothe-Beinlich erzählt, dass sie nach ihrer Moderation beschimpft wurde, aber auch viel Zustimmung und Ermutigung erfahren habe. Den Moschee-Gegnern will sie nun nicht länger das Feld überlassen. Wir sollten Initiative für Vielfalt und gutes Miteinander dagegensetzen, so die Politikerin der Grünen.