Karlsruhe. Wollen Vermieter eine höhere Miete verlangen, müssen sie dabei die ortsübliche Vergleichsmiete berücksichtigen. Und hierfür gibt es Fristen, wie eine Entscheidung des BGH deutlich macht.

Wird in einem Rechtsstreit um eine Mieterhöhung später die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt, ist der Zeitpunkt der ursprünglichen Ankündigung der Erhöhung maßgeblich.

Stichtag für die Analyse ist nach einer Leitsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) damit nicht der Zeitpunkt, ab dem die höhere Miete gezahlt werden sollte. Von der Zustellung des «Erhöhungsverlangens» an werden dann Fristen für das Ermitteln von Vergleichsmieten berechnet, wie die Karlsruher Richter und Richterinnen im April urteilten (Az.: VIII ZR 22/20).

Im konkreten Fall war das Schreiben im Juli 2017 eingegangen. Die um 66,86 Euro auf 654,64 erhöhte Miete für eine 81-Quadratmeter-Wohnung in Berlin sollte ab Oktober 2017 gezahlt werden. In einem Gutachten für das Landgericht hatte ein Sachverständiger 14 Vergleichswohnungen betrachtet. In zwei Fällen wurde das Mietentgelt im Jahr 2017 neu verhandelt beziehungsweise geändert. Da aber unklar sei, ob dies vor Juli geschah, hätten diese beiden Angaben nicht für die Entscheidung zugrundegelegt werden dürfen, entschied der achte Zivilsenat des BGH.

Ließe man diese beiden Angaben bei ansonsten gleichbleibender Berechnung des Vergleichswerts außer Betracht, ergäbe sich eine Bandbreite der ortsüblichen Vergleichsmiete von 6,19 bis 9,73 Euro pro Quadratmeter anstelle von bis zu 10,22 Euro. Der arithmetische Mittelwert sinke von 8,09 auf 7,89 Euro pro Quadratmeter.

Wegen dieses Rechtsfehlers hob der BGH das Urteil des Landgerichts auf, das den Vermietern Recht gab. Es muss neu verhandelt werden.

Der BGH kam noch zu einer weiteren Leitsatzentscheidung. Wenn in einem Rechtsstreit um die Räumung einer Wohnung gesundheitliche Gründe des Mieters dagegen sprechen sollen, reicht nicht allein ein Attest des Arztes.

Stattdessen muss ein Sachverständigengutachten «zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der vom Beklagten behaupteten Erkrankungen auf dessen Lebensführung im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung» eingeholt werden. Darin solle es auch um zumindest befürchtete Folgen eines erzwungenen Wohnungswechsels gehen sowie um deren Schwere und den Grad der Wahrscheinlichkeit, dass es soweit kommt, urteilten die Karlsruher Richter und Richterinnen Ende April (Az.: VIII ZR 6/19).

Im konkreten Fall geht es um einen Berliner, der seit mehr als 30 Jahren in der Wohnung wohnte und aus Sicht des Landgerichts fest in seinem Umfeld verwurzelt ist. Der Vermieter wollte die Wohnung 2016 wegen Eigenbedarfs seiner Tochter kündigen, scheiterte aber vor dem Amtsgericht. Das Landgericht wies seine Berufung mit der Begründung zurück, die Beendigung des Mietverhältnisses würde für den Beklagten wegen seines fortgeschrittenen Alters und seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten.

In Attesten wurde unter anderem auf eine Depression mit Suizidversuchen verwiesen, die auch Magen-, Herz- und Kreislaufbeschwerden verursache. Ferner bescheinigten sie dem Mieter eine Räumungsunfähigkeit, weil dieser «aus medizinisch-orthopädischer Sicht außerstande sei, Gegenstände mit einem Gewicht über zehn Kilogramm zu heben». Aus Sicht des BGH reicht das aber nicht aus. Eine andere Kammer des Landgerichts muss den Fall neu verhandeln.