Erfurt. Sie entscheiden über wichtige Fragen aus der Arbeitswelt und kommen selbst kaum mit der Arbeit hinterher: Das Thüringer Landesarbeitsgericht war schon vor Corona personell am Limit.

Das Thüringer Landesarbeitsgericht schiebt einen Berg unerledigter Verfahren vor sich her. „Wir sind aufgrund von Pensionierungen schon seit einiger Zeit personell unterbesetzt“, sagte die Gerichtspräsidentin Susanne Engel der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit gebe es in der zweiten Instanz nur drei ernannte Richter.

In der zweiten Instanz nur drei Richter

Wegen der Konkurrentenklage eines Mitbewerbers sei der Vorsitz einer Kammer bereits seit längerem unbesetzt. Bei einer anderen Kammer am Erfurter Landesarbeitsgericht würden Richter wechselnd für ein Jahr zur Erprobung den Vorsitz übernehmen.

Das Problem bei diesen Abordnungen sei, dass sich die Richter einarbeiten müssten und dann nach einem Jahr das Landesarbeitsgericht wieder verlassen. „Das ist nicht so effektiv“, sagte Engel. Gleichzeitig steige die Zahl der Neuzugänge. Auch die Bestände an unerledigten Verfahren nehmen laut der Präsidentin zu.

Zahl unerledigter Verfahren steigt

Gingen beim Landesarbeitsgericht im Jahr 2018 noch 290 neue Fälle ein, so waren es demnach im vergangenen Jahr bereits 331 Verfahren. Davon seien viele Zahlungsklagen gewesen. „In Zeiten stabiler Wirtschaft gibt es weniger Kündigungsschutzklagen. Die Arbeitnehmer fordern dann eher andere Leistungsansprüche ein“, sagte Engel. Das betreffe etwa Eingruppierungen oder die betriebliche Altersvorsorge.

Ende 2018 schoben die Richter am Landesarbeitsgericht den Angaben zufolge 322 unerledigten Fälle vor sich her. Ende 2019 seien es bereits 388 Verfahren gewesen. „Die Verfahrensdauer hat sich inzwischen auf bis zu anderthalb Jahre erhöht“, sagte die Präsidentin. Bei einer guten personellen Ausstattung könnten Berufungsverfahren in einem halben bis zu einem dreiviertel Jahr erledigt werden.

Verhandlungen aus Corona-Pause noch abzuarbeiten

Während der Corona-Pandemie gab es am Landesarbeitsgericht von Mitte März bis Anfang Mai keine Verhandlungen. In dieser Zeit seien pro Richter etwa 35 Termine liegengeblieben. Diese müssten nun ebenfalls Schritt für Schritt abgearbeitet werden.