Erfurt. Der versuchte Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge im Jahr 2000 war Anlass, die Beratung gegen Rassismus und Antisemitismus bei Mobit anzusiedeln.

Es liegt bald zwei Jahrzehnte zurück, dass vom damaligen Kanzler Gerhard Schröder der „Aufstand der Anständigen“ gefordert wurde. Es war die Zeit der Brandanschläge. In Thüringen war das Erschrecken groß, als kurz vor Ostern 2000 ein Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt versucht wurde.

Klar war: Die Zivilgesellschaft brauchte Rückhalt. In der Folge entstanden Projekte wie die Mobile Beratung in Thüringen – für Demokratie, gegen Rechtsextremismus (Mobit). „Es haben sich damals Menschen im Zinzendorfhaus in Neudietendorf zusammengesetzt und in vielen Gesprächen über Monate weg beschlossen, konzertiert gegen Rassismus und Antisemitismus vorzugehen“, sagt Sandro Witt.

Er ist seit 2014 Vorsitzender des Vereins Mobit, der im Jahr 2001 von der Jüdischen Landesgemeinde, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland und Einzelpersonen gegründet wurde. Zunächst gab es immer nur für einzelne Projekte Förderung; 2009 gelang es, das Landesprogramm für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz zu verstetigen. Daran hat Mobit mitgewirkt.

„Unter Rot-Rot-Grün kann man zumindest guter Hoffnung sein, dass Demokratieprojekte weiter gefördert werden“, sagt Witt. Die Rolle des Vereins? „Mobit bietet den dringend benötigen Rückhalt und ist die Hand im Rücken der Zivilgesellschaft.“

Seit 2019 ist Romy Arnold bei Mobit Teamleiterin. Sie kennt Mobit schon seit Jahren, so aus der Zeit, als sie Sprecherin der Thüringer Bündnisse, Netzwerke und Initiativen gegen Rechts war. Die studierte Politikwissenschaftlerin hat sich mit Demokratisierungsprozessen befasst und für die Enquetekommission Rassismus gearbeitet.

Neun Personen gehören zum Team von Mobit, darunter eine Verwaltungskraft; alle anderen beraten. An die Organisation treten Einzelpersonen ebenso heran wie Bündnisse, aber auch Kirchen, Lehrerinnen und Lehrer, staatliche Institutionen. Arnold spricht von mehreren Hundert Beratungsanfragen in ganz Thüringen jährlich. „Wir machen Fortbildungen im Rahmen des Landesprogramms“, sagt Arnold. Dazu gehören eintägige Fortbildungen für Polizeianwärter in Meiningen.

Arnold stellt fest, dass in jüngerer Zeit die Beratung von zivilgesellschaftlichen Akteuren zunimmt. „Die Frage: Was verstehen wir unter Demokratie und was gilt es zu verteidigen? stellt sich immer lauter. Das geht mit Verunsicherung einher“, macht sie deutlich. Gefragt sei Haltung – und Standhaftigkeit zu beweisen. „Der dafür nötige Beratungsbedarf wird noch zunehmen“, ist sie sich sicher mit Blick auf die derzeitige Lage.

Sensibilisierung von Sicherheitsbehörden und Verwaltungen spiele weiterhin eine wichtige Rolle. Schwierig sei, wenn sich Politik – gerade auch auf kommunaler Ebene – nicht klar positioniere. Da kommt das Bild von der Hand im Rücken der Zivilgesellschaft wieder ins Spiel: „Wir halten, damit niemand umfällt. Aber wenn Verwaltung hier dazwischen geht, dann ist die Hand nicht stark genug.“ Witt hofft in diesem Zusammenhang, dass sich jetzt immer mehr Landräte und Oberbürgermeister von Mobit beraten lassen.

Einen Wunsch, den Witt im Zusammenhang mit der neuen Regierung hatte, kann er sich abschminken: Die von ihm vorgeschlagene Abschaffung des Verfassungsschutzes wird es unter Rot-Rot-Grün nicht geben. Witt hatte sich erhofft, dass künftig diese Mittel „sinnvoller angelegt“ werden würden – zur Stärkung der Zivilgesellschaft.