Mit dem Stinger belebte Kia den deutschen Markt, auch beim Preis.

An Blicken mangelt es dem Stinger von Kia nun wirklich nicht. Ob vor dem Supermarkt oder mit dem seitlichen Blick des Fahrers beim Überholen auf der Autobahn. Die erste Sportlimousine der Koreaner ist ein echter Hingucker, unabhängig - in diesem Fall von seiner feuerroten Lackierung oder dem grummelnden Motorgeräuschen. Auch mein Nachbar unterbricht seine Gartenarbeit und kommt herüber. "Was ist denn das für ein Geschoss?" Aha ein Kia. Die bauen ja richtig gute Autos, hört man zumindest jetzt sehr oft" ,findet er bewundernde Worte für den 4,83 Meter langen Fünftürer und schiebt die wichtigsten Fragen bei einem weniger bekannten Fahrzeug nach. "Wie viel PS und was kostet er"?

Der Stinger hat einen V6 Twinturbo mit 366 PS und 3,3 Kubikzentimeter Hubraum unter Haube und startet nach dem jüngsten Facelift bei ca. 60.000 Euro. Unser Testmodell der 3.3 T-GDI AWD steht ab 60.620 Euro in der Liste, der Testwagen kostet um die 63.000 Euro, hat aber viele Annehmlichkeiten an Bord. Zum Beispiel ein Head-up-Display, das die aktuelle und die vorgeschriebene Geschwindigkeit mit weiteren Daten auf die Windschutzscheibe projiziert oder dass der Fahrersitz und das Lenkrad in die entsprechende Position fahren, wie sie vor dem Abstellen des Stinger waren.

Besonders interessant: Beim Blinkersetzen wird die neue Spur ins Bild gesetzt. Zum Service gehört auch die elektrische Heckklappe. Das Interieur wird dem Premium-Anspruch gerecht. Die Instrumente sind zudem gut ablesbar und leicht zu bedienen. Mein Nachbar ist jahrelanger Audi-Fahrer, und kennt sich gut aus bei Premiummarken. "Für ähnliche Modelle ruft BMW für seine M-Modelle zum Beispiel eine sechsstellige Summe auf." Und bietet keine 7-Jahres-Garantie", entgegne ich ihm.

Dennoch hat er die einheimische Konkurrenz um BMW mit dem 4er GT, einen Audi S4 oder Mercedes-AMG C43 aufgeschreckt, auch wenn in knapp sechs Jahren nur um die 5500 Fahrzeuge in Deutschland verkauft wurden. Die Klientel für derartige Modelle ist bei uns generell überschaubar. Ihre Besitzer sehen sie als Statussymbol, fahren an Wochenenden auch mal gern auf offiziellen Rennstrecken schnelle Runden.

Ans Steuer darf ich meinen Nachbarn aus rechtlichen Gründen nicht lassen, aber auf den Beifahrersitz für eine kurze Ausfahrt schon. Und ab geht es auf die nahe Autobahn bis zur nächsten Ausfahrt. Die Fahrdynamik ist bemerkenswert. In knapp fünf Sekunden ist die Sportlimousine von Null auf Tempo 100. Die acht Gänge wechseln per Automatik schnell und sanft.

Die Kraft wird an alle vier Räder geleitet. Angesichts von 510 Nm Drehmoment geht das Überholen problemlos. Ausfahren lässt sich der Stinger mit seinem munteren Sechszylinder bis auf 270 km/h. In den Kurven bleibt er spurtreu. Die Lenkung ist ausgezeichnet Im Sportmodus wird sie wie die Federung noch etwas straffer. Die Brembo-Bremsen packen kräftig zu, falls Gefahr im Verzug sein sollte. Alles passt zu dem sportlichen Auftritt des Stachel, wie er ins Deutsche übersetzt wird. Auch die Verarbeitung der hochwertigen Materialien. Das Armaturenbrett ist zum Beispiel mit Stoff gepolstert. Der Touchscreen des Stinger ist 10,25 Zoll groß .

Zu den guten Eindrücken gehört auch das Platzangebot vorn wie hinten. Dort lässt es sich auf auf längeren Fahrten durchaus bequem sitzen. Im Gepäckabteil reicht das Stauvolumen bis zu 440 Liter, maximal sind es 1065 Liter - für einen solches Fahrzeug mit Coupe-Silhouette akzeptabel. Zahlreiche elektronische Helfer wie Stauassistent, einem für die Geschwindigkeit, Frontkollisionswarner oder der etwas nervige Spurhalteassisten gehören ebenso dazu. Letzterer lässt sich aber auch ausschalten.

Und was ist weniger angenehm? Während der 14tägigen Fahrten pendelte sich der Verbrauch des fulminanten 3,3-Liter-V6-Benziners um die elf Liter ein. Auf der Autobahn sogar noch etwas mehr. Jeder Spaß hat halt seinen Preis. Sicherlich kann man den superschnellen Asiaten auch unter zehn Liter fahren. Aber das macht das Kraut auch nicht mehr fett. Andererseits wer sich solche Fahrzeuge leisten kann, der dürfte auch das nötige Kleingeld an der Zapfsäule aufbringen, wo er E 5 oder E 10 schluckt.