Georgenthal. Gastbeitrag - Vor 75 Jahren: Otto Fabian wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in Georgenthal von Wehrmachtssoldaten erschossen.

Am Fabiansplatz, mitten in Georgenthal, erinnert eine Tafel an Otto Fabian. Der Georgenthaler war vor 75 Jahren – am 5. April 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs – von fanatischen Wehrmachtsangehörigen ermordet worden.

Der Georgenthaler Kaufmann und Oberleutnant der Reserve Otto Fabian hatte sich in den letzten Kriegstagen angesichts der katastrophalen militärischen Lage gegen sinnlosen Widerstand gewandt und wollte Blutvergießen ebenso wie Gadolla in Gotha verhindern.

Gotha war am 4. April 1945 schon in den Händen der US-Armee, aber im nur wenige Kilometer von Gotha entfernten Georgenthal hielten sich noch kampfbereite Wehrmachtssoldaten auf. Doch auch hier rückte die Front immer näher. Die Angst vor Zerstörung und Tod ging um.

Der Volkssturm, ein zusammengewürfelter Haufen aus alten, dienstuntauglichen Männern und Hitlerjugend, sollte die „Verteidigung“ von Georgenthal übernehmen. Doch Fabian widersetzte sich dem Wahnsinn.

Wegen kritischer Äußerungen 1936 in Buchenwald verhört

Otto Fabian wurde am 1. Oktober 1894 in Auma/Kreis Gera als zweitältester Sohn des Eisenbahnbauunternehmers Ferdinand Fabian und seiner Ehefrau Wilhelmine geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums begann er 1912 eine kaufmännische Lehre. Wie viele andere junge Männer aus seiner Generation meldete sich der inzwischen 20-jährige beim Kriegsausbruch 1914 freiwillig. Otto Fabian erlitt bei den Kämpfen Verwundungen. Nach einem Lazarettaufenthalt wurde er am 15. Dezember 1918 im Rahmen der Demobilmachung als Leutnant der Reserve entlassen. Wieder zu Hause in Georgenthal, begann Otto Fabian als selbstständiger Kaufmann zu arbeiten.

Als im nationalsozialistischen Staat die Vorbereitungen für einen neuen Krieg begannen, konnte er sich kritischer Äußerungen nicht enthalten. Auf Grund einer Denunziation war er 1936 ins KZ Buchenwald bestellt und verhört worden. Nur seine Auszeichnungen im Ersten Weltkrieg als Frontsoldat bewahrten ihn vor einer Verhaftung.

Nach Denunziation bei angeblichem Fluchtversuch erschossen

Aufgrund seines Gesundheitszustandes war Fabian vorerst vom Wehrdienst zurückgestellt worden, erhielt dann aber 1941 einen Marschbefehl zur Heeresgruppe Süd nach Russland. Anschließend wurde er zu einem Infanterieersatzbataillon an die Stalingrader Front beordert. Der Fronteinsatz verschlechterte seinen ohnehin geschwächten Gesundheitszustand weiter, so dass er als wehruntauglich eingestuft und nach Georgenthal entlassen wurde.

Am 5. April 1945 erlebte Otto Fabian, wie 50 russische Kriegsgefangene des Georgenthaler Sägewerkes Bleul nach Buchenwald abtransportiert wurden. Fabian ließ sich darüber lauthals aus, äußerte sich dabei auch über die aussichtslose militärische Lage und die Katastrophe, die sich für Georgenthal und seine Einwohner anbahnte. Er wurde denunziert und verhaftet und bei einem angeblichen Fluchtversuch erschossen.

Fabians Leichnam wurde auf dem Platz zur Abschreckung der Bevölkerung zur Schau gestellt und bekam ein Pappschild um den Hals gelegt mit der Aufschrift „Volksfeind - so endet ein Volksverräter“.

Erst nachdem die Amerikaner am 9. April 1945 in Georgenthal eingerückt waren, konnte die Familie Fabian für einen Abtransport und eine Bestattung des Leichnams sorgen. Die Wehrmacht hatte den Ort zwei Tage vorher Hals über Kopf verlassen und sich in Richtung „Neues Haus“ abgesetzt.

Beherzte Georgenthaler Bürger beseitigten danach die Panzersperren und hängten aus den Häusern weiße Betttücher. Georgenthal entging somit einer Zerstörung.

Bereits am 6. Juli des Jahres 1945 wurde der bisherige „Platz der SA“ auf Ersuchen des damaligen antifaschistischen Ortskomitees und Beschluss des Gemeinderates von Georgenthal in „Otto-Fabian-Platz“ umbenannt.

Am 1. Oktober 1978 wurde an der Stelle seiner Ermordung ein Gedenkstein errichtet. Seit 2015 erinnert eine von der Gemeinde Georgenthal angebrachte Gedenktafel am Klosterhof an die mutige Tat von Otto Fabian.

Ralf Hill plant – für die Zeit nach Corona – eine Lesung von Zeitzeugenberichten aus den letzten Kriegstagen in Georgenthal und Umgebung. So berichtete eine „Evakuierte“ aus dem Rheinland über ihr Quartier, das durch eine Sperre aus Güterwagen ins „Niemandsland“ gerückt war. Eine Tambacherin, beschrieb, wie sie auf dem Weg zum Gothaer Krankenhaus mehrmals die Frontlinien überschritt. Und eine Georgenthaler Fotografin berichtete, wie sie den Artilleriebeschuss und den Einmarsch der US-Infanterie miterlebte.