Erfurt. Seit fast zwei Monaten rollen Leih-E-Scooter durch Erfurt. Reaktionen sind bisher gespalten, weshalb die Stadt mit dem Verleiher ins Gespräch kommen möchte. Der zeigt sich gelassen und will in Thüringen weiter expandieren - nur, wohin?

Seit 56 Tagen sind sie im Einsatz und schon etwa 60 Mal waren sie ein Fall für die Polizei: Seit Anfang Juli rollen E-Scooter zum Leihen auf Erfurts Straßen und seitdem ist kaum ein Tag ohne Probleme mit den elektrischen Tretrollern vergangen. Die Stadt will sich deshalb noch im August zu einem Gespräch mit dem Verleiher der Roller, der schwedischen Firma Voi, treffen, sagte Erfurts Pressesprecher Daniel Baumbach. In den Blick genommen würden unter anderem geregelte Stellplätze, damit die E-Tretroller nicht an unterschiedlichen Orten abgestellt und liegengelassen werden. Sonst seien die Scooter als Gefahr im Straßenraum vor allem für sehschwache oder blinde Menschen sowie Fahrradfahrer nicht hinnehmbar, sagte Baumbach.

Für die Polizei werden die Scooter vor allem dann zum Problem, wenn Betrunkene oder anderweitig Berauschte sich auf die Roller schwingen. Dabei gelten auf den Zweirädern Grenzwerte für Alkohol, Drogen und Medikamente wie für Autofahrer. 45 Mal erwischte die Polizei nach Angaben von Freitag Fahrer mit Alkohol im Blut, außerdem 4 Fahrer unter Drogeneinfluss. Dazu kamen 11 Fälle, in denen die Fahrer mit nicht zugelassenen Rollern unterwegs waren. Zugleich registrierte die Polizei in der Zeit aber nur einen Unfall.

Willkürlich abgestellte Roller und betrunkene Fahrer bezeichnet der Verleiher der Scooter in Erfurt derweil als negative Einzelfälle, auf die man gut reagieren könne. So seien die Roller jederzeit ortbar und könnten von einem Mitarbeiter umgeparkt werden. Außerdem stünden in der zum Leihen nötigen Smartphone-App Tipps zum sicheren Fahren.

In Erfurt hat Voi nach eigenen Angaben eine niedrige dreistellige Anzahl an E-Scootern auf die Straßen gestellt. Das Angebot werde täglich an die Nachfrage angepasst. „Der Vorteil ist hierbei, dass wir in Erfurt unsere zentrale Produktionsstätte für Deutschland haben“, sagte ein Unternehmenssprecher.

Erfurt ist die erste Stadt in Thüringen, die E-Scooter in Zusammenarbeit mit einem Verleiher flächendeckend bereitstellt. Weimar etwa winkt dagegen erstmal ab. „Wir hatten uns mal darum gekümmert, aber wir wollten keine Erfurter Verhältnisse“, sagte der Leiter der Marketinggesellschaft Weimars, Mark Schmidt, in Bezug auf die genannten Probleme in der Landeshauptstadt. Außerdem habe die Marketinggesellschaft bei mehreren Anbietern angefragt. Aus deren Sicht sei Weimar mit etwa 65 000 Einwohnern zu klein und nicht attraktiv genug für den E-Scooter-Verleih.

Auch bei Voi heißt es: „Generell sehen wir in allen Städten über 100.000 Einwohnern Potenzial.“ Das Unternehmen plane jedoch bis Ende des Jahres, auch in anderen Thüringer Städten aktiv zu werden - welche, das hänge von Gesprächen mit den Städten ab.

Neben Erfurt mit mehr als 210 000 Einwohnern kommen zumindest nach der von Voi genannten Größenordnung allerdings nur noch Jena mit etwa 110 000 und Gera mit knapp 95 000 Einwohnern in Frage. Von Seiten der Stadt Gera heißt es, E-Scooter seien nicht geplant. In der Stadtverwaltung werde aber über den Verleih von E-Fahrrädern nachgedacht.

Umstritten ist derweil die Umweltverträglichkeit der Roller. In Deutschland arbeite Voi mit Batterien, die bis zu 10 000 Mal wieder aufgeladen werden können, sagte der Unternehmenssprecher. Das entspreche einer Lebensdauer von etwa acht Jahren. Teile irreparabler E-Scooter würden wiederum verwendet, um andere Roller auszubessern. Alle in Erfurt fahrenden Leihroller werden laut dem Sprecher zudem mit Solarstrom betrieben: Die Lager- und Fertigungszentrale in Erfurt beziehe den Strom nämlich aus einer Solarenergieanlage auf dem Dach.

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