Kannawurf. Toni Reintelseder erweckt auf mit Wasserdampf mechanische Fabelwesen zum Leben

„Da stelle ma uns mal janz dumm!“ – Dieses Zitat kennt man aus der Komödie „Die Feuerzangenbowle“. Alle Jahre wieder wird der Film von 1944, gern auch im Audimax wissenschaftlicher Bildungsstätten wie der TU Dresden, in schönstem Schwarz und Weiß vorgeführt. Immer ein Brüller: die Szene mit der Dampfmaschine und Lehrer Bömmels Erklärung vom großen, runden, schwarzen Raum mit zwei Löchern.

Man kann es so herleiten oder auch anders – etwa über Heron, Papin, Newcomen, Watt. Ans Ende dieser Ahnenreihe der Ur- und Väter der Dampfmaschine stellte Laudator Peter Moltmann am Samstag auf Schloss Kannawurf irgendwie den Leipziger Künstler und Monsterschmiedmechaniker Toni Reintelseder.

Zwei der Größen strich der Lobredner exemplarisch heraus: Heron von Alexandria (gestorben um 62), genannt Mechanikus, laut Moltmann „der schönste Bart der Antike“, war seiner Zeit weit voraus. Sein Heronsball gilt heute als erste dokumentierte Wärmekraftmaschine. Und dann gab es noch den Physiker Denis Papin (1647-1712), der den Schnellkochtopfs erfunden hat, und später auch das Sicherheitsventil sowie ein U-Boot.

Toni Reintelseder knüpft an diese Pioniere an, speziell an Heron. Dessen Ball (Aelopile), verleiht er Gestalt, um nicht zu sagen Gestalten. Die kleine Maschine umhüllen Fabelwesenkörper und oft auch Flügel. Wenn Moltmann behauptet, Reintelseders erstes Geschöpf namens Gwendolin sei, nachdem er ihr feuergenerierten Lebensodem eingehaucht hatte, entfleucht und ward nicht mehr gesehen, so glaubt man ihm das. Will es glauben.

Die nachfolgenden eisernen „monströsen Grazilitäten“ (Moltmann) hatten mehr Bodenhaftung. Sie sind dem Dampfkünstler geblieben. „Ars Vaporis“, die Kunst des Dampfes, heißt seine Präsentation der niedlichen Bestien, die mit einem Schuss Spiritus oder auf brennenden Holspänen zum Leben erwachen. Es bedarf keines Zauberworts. Mit verschränkten Armen sitzt Reintelseder auf einem Bistrostuhl und wartet geduldig. Er hat angeheizt. Die Flamme tut ihr Werk. Diese Drachen spucken Feuer, wenn es so weit ist. Selbst wenn sie so aussehen: Es ruft niemand in Game-of-Thrones-Manier: „Dracarys!“ Reintelseder schon gar nicht. Er lässt lieber seine Kreaturen rumpeln, klappern, rattern, zischen, fauchen, stöhnen, rasseln, ächzen, klopfen. Er justiert höchstens an einem Rädchen oder Hebelchen nach. Das Publikum staunt hingerissen über die Wunderwerke ausgeklügelter Mechanik. Ein Innenleben von Zahnrädern, Ketten, Federn und Zugstangen setzt die Wesen in Betrieb. Fuchur, Björnfried, Skjadulf, Fridolin oder Rurik heißen die Drachen. Schnecke Adelheid, Spinne Amanda, Krabbe Ferdinand, eine Fledermaus und einen Fernsehjunkie, der, unter Dampf stehend, an der Fernbedienung hantiert, wobei ein Löffel ihm das Hirn quirlt, gehören dazu. Ein Metallspecht tut sein klopfendes Werk. Ein Sputnik, ist zu sehen.

Wie lange er für seine Arbeiten so brauche, wurde Reintelseder immer wieder gefragt. Der legt sich da aber nicht fest: „Irgendwann sind sie fertig!“

„Ars Vaporis“ ist auf Schloss Kannawurf immer sonntags bis 20. Juli zu erleben.