Erfurt. Viertklässler aus der Bretagne erkunden in dieser Woche die Landeshauptstadt. Der Schüleraustausch der beiden Grundschulen soll künftig gefestigt werden.

Gebannt schauen die Schüler auf die große Leinwand im Europafestsaal. Auf dieser sind einige Kinder zu sehen, ebenfalls mit ihren Lehrern. Zwischen beiden Schülergruppen liegen etwa 1200 Kilometer – 17 Stunden Busfahrt. Mehr als 20 Kinder der École de la Gentillerie in St. Malo in der Bretagne sind in dieser Woche zu Gast in der Europaschule.

Am Dienstagmorgen werden sie feierlich mit einem Programm begrüßt. Der Chor singt. Alle Kinder tragen Namensschildchen, toben auf dem Schulhof herum, gehen auch in die Klassen für ein, zwei Stunden Unterricht. Und wie es sich für eine moderne Schule gehört, nutzen die Schüler auch die Technik. Sie skypen mit ihren in St. Malo gebliebenen Mitschülern, schildern erste Eindrücke.

Ein Schüleraustausch mit Viertklässlern, das ist eher eine Seltenheit. Etwas Besonderes, das aber in den kommenden Jahren verstärkt werden soll. „Wir haben uns beim Erasmus-Programm beworben und ein Projekt beantragt“, sagt Schulleiterin Annett Riede. Im Juli wird die Entscheidung dazu fallen.

Theresa Pauser arbeitet an der Europaschule. Für ein Jahr war sie vor ihrem Referendariat in Frankreich unterwegs, stellte an dortigen Schulen Deutschland und die deutsche Sprache vor – ein Projekt des deutsch-französischen Jugendwerkes. Während ihres Aufenthaltes lernte sie die Lehrerin Olivia Van der Straeten kennen. Die beiden Frauen hielten Kontakt, und schon bald entstand die Idee, sich gegenseitig mit den vierten Klassen zu besuchen.

Die französischen Kinder sind bei den Erfurter Schülern zu Hause untergebracht, werden ins Familienleben integriert. Die Lehrer und Betreuer sind mit vier Inklusionskindern in einer Ferienwohnung. Emma aus Erfurt hat sich mit ihren Gastschülern Maïna und Hana bereits angefreundet. Vor dem Besuch kommunizierten sie bereits über das Internet.

„Es ist das Beste, wenn die Schüler einen persönlichen Bezug zur Sprache haben“, sagt Theresa Pauser. „So merken sie schnell, dass sie Vokabeln nicht pauken, um sie zu pauken, sondern um mit anderen Kindern Kontakt zu pflegen.“ In der Europaschule lernen die Schüler Englisch sowie in jedem Schulhalbjahr eine weitere andere Sprache. Dieses Sprachenkarussell soll dazu dienen, überhaupt erst einmal Fremdsprachen kennenzulernen und ein Gefühl für sie zu bekommen.

Mit dem Schüleraustausch kann das Französisch forciert werden. Allerdings steht noch nicht fest, wann der Gegenbesuch stattfinden wird, höchstwahrscheinlich erst in zwei Jahren, dann mit anderen Schülern.

In ihrer Woche erleben die Kinder eine Menge: Gestern lernten sie Erfurt kennen. Mit Hilfe von Memorykarten erfuhren sie Wissenswertes zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Heute besuchen sie den Kinderkanal. Dessen Hauptfiguren sind einigen von ihnen durchaus bekannt. „Ich habe schon die Maus als Kuscheltier“, erzählt Jean. Ein Fotostopp bei Pittiplatsch, dem kleinen „Lutin“, also Kobold, durfte natürlich nicht fehlen. Morgen werden die französischen Gäste den Baumkronenpfad im Hainich erklimmen. Krönender Abschluss ist am Freitagvormittag die Weltraumshow mit Alexander Gerst im Stadion, an der Tausende Erfurter Schüler teilnehmen.

Und wer weiß, vielleicht hat Jean seine Maus im Stadion dabei. Schließlich ließ bereits Astro-Alex auf der ISS Maus und Elefant in der Schwerelosigkeit herum schweben. . .