Erfurt. Erfurts Polizeichef flanierte am Wochenende gemeinsam mit „grünen Polizisten“ durch die Stadt und sah dabei unzählige Schmierereien an Hauswänden und Stromkästen.

Sind Polizisten grün oder blau? Das muss nicht nur eine Frage der Uniform-Farbe sein, man kann das auch mit der politischen Brille betrachten. Während gerade in Sachsen die Runde macht, dass viele Beamte dort der AfD nahe stehen, sind grüne Polizisten eher seltener anzutreffen. Am Wochenende waren bundesweite Vertreter vom Polizeigrün e.V. – einen Verein von Grünen-Mitgliedern oder -sympathisanten – in Erfurt. Grünen-Fraktionschef im Landtag, Dirk Adams, lud sie zum innenpolitischen Stadtrundgang.

Eine illustre Runde. Ein Cyber-Crime-Experte aus München, Leute aus verschiedenen Landeskriminalämtern, dem BKA und von einer einfachen Wache aus einem Ort nördlich von Hamburg. Mittendrin Erfurts Polizeichef Jürgen Loyen und Pierre Heidenreich von der Polizeiinspektion Nord – beide in ungewohntem Zivil.

„Hier ging meine innenpolitische Karriere los, mit einem Waffentransport“, überraschte zunächst einmal der Erfurter Grüne Dirk Adams, als er an der Ecke Andreasstraße aus der Wendezeit berichtete. Als eben ein Transport von Stasi-Waffen aus Mühlhausen in die Zentrale begleitet werden musste.

Der Domplatz aber bot in der Runde bereits den Impuls, über Terrorabwehr zu diskutieren. Als Volksfestplatz Nr.1 in Erfurt sei es ein dauernder Hotspot auch für die Polizei, bestätigte Jürgen Loyen. Dass die Sicherheitslage seit Jahren von einer „abstrakten Gefahr“ geprägt sei, das gelte auch für Erfurt. Mit welchen Vorkehrungen etwa zum Weihnachtsmarkt die Sicherheit der Besucher gewährleistet werden soll, das richte sich, wie Loyen verriet, nach den bundesweit vorgenommenen Abstimmungen. Wobei schon hier das Schlagwort subjektive Sicherheit ins Spiel kam.

Etwa die Betonklötze, die ein Auffahren auf den Festplatz verhindern sollen. Sie fallen darunter. „Wenn ein 50-Tonnen-Fahrzeug reinrast, hilft das nichts“, meine Loyen. Dennoch trägt es zur beruhigten Atmosphäre auf dem Markt bei.

Ist die Sicherheit bei Veranstaltungen nicht eigentlich auch Sache der Organisatoren? Wie stehen die Polizisten zu der Aufforderung: „Polizei sichert mal ab!“ Was schnell zum hitzig diskutierten Thema wird, wenn man hier den (Profi)-Fußball mit betrachtet. „Sicherheit ist eine Sache, die aus der Allgemeinheit heraus bezahlt werden soll“, gab Adams zu erkennen, dass er nicht viel davon hält, dass Gebühren für Polizeieinsätze erhoben werden sollen. Weil ja Feste oder auch der Fußball Dinge seien, die eine Stadt erst interessant und schön machen.

Jürgen Loyen lenkte hier das Augenmerk darauf, dass es oft ein vorprogrammierter Ärger ist. Wenn etwa ein Pulk Fußballfans in Erfurt ankommt, sei es ein Naturgesetz, dass viele der trinkfreudigen Fans erst einmal eine Toilette bräuchten. Wenn aber auf dem Bahnhof diese verschlossen sind, kracht es schnell. Unnötige Arbeit für die Polizei. „Fußball ist mit Sprengkraft versehen. Wir brauchen eine andere Fankultur“, sieht es Armin Bohnert, stellvertretender Chef des Vereins Polizeigrün, als ein grundlegendes Problem an. Wenn Städte an die Vereine und diese an die Fans ran gingen, wären Spiele für die Polizei keine Ausnahmesituationen mehr.

Nächstes Thema: Graffiti. Wobei ein Einwand kommt: Man müsse scharf zwischen Graffiti und Schmierereien unterscheiden, wie einer der grünen Polizisten sagt. Die ACAB-Kürzel sind unstrittig letzteres. „Wir haben einen der Täter, ein Weimarer“, sagt hierzu Polizeichef Loyen. Aber die Strafjustiz sei hier nicht auf der Höhe der Zeit. Wenn ein Täter auf frischer Tat gestellt wird, könne man mit Spürhunden vielleicht 15 bis 20 der Schriftzüge als sein Werk nachweisen, aber auch das reiche nicht für härtere Strafen. „Gott sei Dank, hat man mich erhört und die Stadt stellt nun auch Geld für Privatleute bereit, damit die ihre Wände reinigen lassen können“, sagt Loyen. Schließlich helfe es dem Gesamtbild und zur Vorbeugung, wenn Schmierereien schnell beseitigt würden.

Schließlich sind die Polizei- Spaziergänger am Anger. Die jüngste Debatte um den „gefährlichen Ort“ habe auch für unnötige Verunsicherung gesorgt, schätzt Jürgen Loyen ein. Ein daraufhin verstärkte Streifentätigkeit werde aber durch viele Einwohner mit viel Anerkennung und Dank bedacht.

Wie zum Beweis fährt ein Streifenwagen am Burger King vor. Das helfe, Situationen zu glätten, bevor es eskaliert. Selbst wenn einer der Polizisten entgegen der Vorschrift ohne Dienstmütze ins Geschehen eingreift.