Erfurt. In Thüringen ist nicht mal jede vierte Professorenstelle mit einer Frau besetzt. Das Land hat sich zwar die Frauenförderung auf die Fahnen geschrieben, hinkt aber noch hinterher.

Trotz eines wachsenden Frauenanteils unter den Akademikern lässt die Zahl der Professorinnen in Thüringen weiter zu wünschen übrig. An den zehn Hochschulen im Freistaat lehren und forschen insgesamt 1192 Professoren und Professorinnen - nur 271 sind Frauen, wie aus Daten des Wissenschaftsministeriums in Erfurt für das Jahr 2018 hervorgeht. Das entspricht einem Anteil von 22,7 Prozent. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Damit liegt das Land immer noch unter dem bundesdeutschen Schnitt von etwa 25 Prozent.

Thüringens Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sieht einen Grund dafür unter anderem in der breiteren Aufstellung der Thüringer Hochschulen bei den technischen, Natur- und Ingenieurwissenschaften. Hier seien Frauen immer noch unterrepräsentiert, sagte Tiefensee der Deutschen Presse-Agentur.

Frauenanteil am höchsten an Universität Erfurt

Tatsächlich ist der Anteil von Professorinnen an der Technischen Universität in Ilmenau mit nur 8,4 Prozent der niedrigste unter den Thüringer Universitäten und Fachhochschulen. Am höchsten ist der Frauenanteil nach Ministeriumsangaben mit 35,4 Prozent an der sozialwissenschaftlich ausgeprägten Universität in Erfurt. Ziel bleibe es, im akademischen Bereich über alle Berufs- und Fächergruppen hinweg eine echte Gleichstellung von Frau und Mann zu erreichen, betonte Tiefensee.

„Die Entwicklung ist grundsätzlich positiv, aber noch nicht zufriedenstellend“, sagte der Minister mit Blick auf den jährlich wachsenden Frauenanteil unter den Thüringer Professoren. Dieser lag 2010 nur bei 15,1 Prozent. Rot-Rot-Grün habe in dieser Legislatur die Weichen für eine bessere Frauenförderung im akademischen Bereich gestellt.

So wurden mit der Neufassung des Hochschulgesetzes, das im Mai 2018 in Kraft trat, die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten deutlich gestärkt und Quotenregelungen für die Besetzung von Hochschulgremien und Berufungskommissionen eingeführt. Außerdem gibt es Zielvereinbarungen mit den einzelnen Hochschulen in denen Vorgaben zum Anteil von Frauen bei der Neubesetzung von Professorenstellen fixiert sind. Demnach müssen 30 bis 50 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt werden; geschieht das nicht, drohen den Hochschulen Budgetkürzungen.

Über ein Bund-Länder-Programm bekommen Thüringer Hochschulen außerdem Fördergelder bei der Einstellung von Professorinnen. „Ich bin sicher, diese Änderungen werden in den kommenden Jahren ihre Wirkung entfalten und immer stärker spürbar werden“, sagte Tiefensee.

Der Vorsitzende der Thüringer Landespräsidentenkonferenz, Walter Rosenthal, sagte: „Wir holen bei der Gleichstellung langsam aber sicher auf. Dennoch gibt es noch einiges zu tun.“ Da der Wettbewerb um Professorinnen zugenommen habe, seien attraktive Bedingungen bei der Ausgestaltung der Professur und auch des Gehalts umso wichtiger. „Da haben Exzellenzuniversitäten natürlich andere Möglichkeiten in die Schatulle zu greifen als wir“, sagte Rosenthal, der zugleich Präsident der Jenaer Universität ist.

Von Frauenquoten bei der Besetzung von Professorenstellen hält Rosenthal hingegen wenig. Es sollte eine Bestenauswahl nach fachlichen Qualitätskriterien erfolgen. Da müsste es einer Fakultät im Einzelfall auch erlaubt sein, bei hervorragender Qualifizierung dem Mann den Vortritt zu geben. „Ich verstehe Gleichstellung so, dass, wenn es eine Gleichwertigkeit gibt zwischen Frauen und Männern, dann die Frau berufen wird.“

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