Berlin. Die hochtrabende Vision des Jeff Bezos liest sich in Kurzform so: Die Raumfahrtindustrie beginnt, mehr und mehr Gerätschaften auf den Mond zu fliegen und schließlich auch Menschen.

Die hochtrabende Vision des Jeff Bezos liest sich in Kurzform so: Die Raumfahrtindustrie beginnt, mehr und mehr Gerätschaften auf den Mond zu fliegen und schließlich auch Menschen. Die bauen auf dem staubigen Trabanten eine Zivilisation auf – und tragen von diesem Erd-Außenposten wesentlich dazu bei, das Sonnensystem zu erschließen und durch Rohstoffabbau Energiekrisen auf der Welt zu lösen. Das alles geschieht nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern ziemlich bald – in fünf Jahren.

Der milliardenschwere Amazon-Gründer greift nach den Sternen. „Man kann nicht warten, bis langfristige Probleme drängend werden, um sie in die Hand zu nehmen“, sagte der 55-Jährige vor Journalisten in Washington. Er plant nicht weniger als die Kolonisierung des Mondes. Seine Weltraumfirma Blue Origin hat eine Landefähre entwickelt, die Platz bietet für vier Spezialautos, wissenschaftliches Material und Besatzung. „Das ist ein unglaubliches Fahrzeug, und es wird zum Mond fliegen“, schwärmte Bezos. Das vermeintliche Science-Fiction-Szenario könnte schon ab 2024 Wirklichkeit werden, dann nämlich soll die Mondfähre einsatzbereit sein. Der Zeitplan ist kein Zufall, sondern passt zu einem Projekt der US-Raumfahrtbehörde Nasa, die ebenfalls den Mond ins Visier genommen hat.

Zusammenarbeit mit der Nasa

Menschen, die dauerhaft dort oben leben – ist das überhaupt realistisch? Immerhin haben vermögende All-Enthusiasten wie Bezos, Richard Branson (68, Virgin) und Elon Musk (47, Tesla) schon einige Male mit markigen Ankündigungen für Aufsehen gesorgt, aus denen bis heute doch nichts wurde. Diesmal aber ist es ernst, beteuerte Bezos: „Eines der wichtigsten Dinge, die wir heute über den Mond wissen, ist, dass es dort Wasser gibt.“ Forscher haben vor einiger Zeit an den Polen Eingänge in riesige unterirdische Eishöhlen entdeckt. Sie gelten als potenzielle Standorte einer Mondkolonie, weil sie möglicherweise Schutz vor stellarer Strahlung bieten. Die neue Landefähre könnte diese Flüssigkeitsvorräte anzapfen, so die Idee des bekennenden Star-Trek-Fans Bezos. „Wir können flüssigen Wasserstoff aus dem Wasser gewinnen und damit die Fahrzeuge auf der Mondoberfläche betanken.“

Allerdings verweisen Experten darauf, dass das Eis wahrscheinlich verunreinigt ist und deshalb aufwendig gereinigt werden müsste, bevor es trinkbar wäre. Bezos nahm zu derlei Einwänden keine Stellung, Nachfragen waren bei seiner Präsentation nicht vorgesehen. Er wolle künftige Generationen „inspirieren“ und fabulierte beispielsweise über sogenannte O’Neill-Zylinder, in denen Menschen leben könnten – das sind große, aus Filmen wie „Interstellar“ bekannte Gebilde, in denen durch Drehung künstliche Schwerkraft erzeugt wird.

Im vergangenen Oktober hatte das Unternehmen Blue Origin einen Vertrag mit der Nasa über die Entwicklung von Landesystemen unterzeichnet. Die USA wollen innerhalb der kommenden fünf Jahre Astronauten zum Mond schicken. Laut Bezos ist dieses Vorhaben wirklichkeitsnah. Der Unternehmer investiert jährlich mehr als eine Milliarde US-Dollar in Blue Origin. Drei Jahre lang habe die Firma am Entwurf der Mondfähre gearbeitet.

Zweifel scheinen trotzdem angebracht. Seit Jahrzehnten hat sich kein Mensch weiter als ein paar Hundert Kilometer von der Erdoberfläche entfernt. Die letzten Männer auf dem Mond waren 1972 die US-Astronauten der „Apollo 17“-Mission.

Nun müssten die Menschen dorthin zurückkehren, findet Bezos. „Dieses Mal, um zu bleiben.“