Jörg Riebartsch zur Zukunft der Politik in Thüringen.

Wenn Bodo Ramelow will, kann er seine Stimme schon so erheben, dass er auch ohne Lautsprecher verstanden wird. Vor schneidigen Belehrungen seiner Gesprächspartner, ob vor laufender Kamera oder in der Öffentlichkeit einer Gaststätte, scheut er nicht zurück. Wenn Bodo Ramelow will, kann er aber auch einnehmend sein und seine Gesprächspartner mit Wattebäuschen aus Harmonie bewerfen, um das Land Thüringen voranzubringen. Seit seiner kurzen und frostigen Antrittsrede in den ersten Minuten nach der Vereidigung zum Ministerpräsidenten wirft der Politiker der Linkspartei mit Wattebäuschen. Empfänger seiner Werbungsversuche sind alle Parteien, die politisch rechts seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung stehen. Und das ist ja bekanntlich die politische Mehrheit im Land.

Diese Art Charmeoffensive wird man bis zu den Landtagswahlen in einem Jahr öfter erleben, denn Ramelow braucht Mehrheiten für in Gesetze gegossene Politik. Am Freitag gab es einen ersten Test, ob so etwas klappen kann. Ein Investitionspaket für Thüringens Kommunen in einer atemberaubenden Höhe von einer halben Milliarde Euro wurde von der linken Minderheit und der CDU verabschiedet. Auch die FDP votierte mit; die AfD in Teilen.

Das finanzielle Großprojekt war ein Test, wie verlässlich und fest der Wackelpudding CDU unter seiner neuen Fraktionsführung Mario Voigt werden kann. Der erste Versuch mit dem Ostthüringer kann als erfolgreich abgehakt werden. Der CDU-Politiker Voigt gilt als seriöser Sachwalter der Interessen von Partei und Fraktion.

Die wenigen Tage nach der erneuten Ramelow-Wahl zeigen auf, wie sehr es in der Politik auf den Menschen ankommt. Am erfolgreichsten sind die ergebnisorientierten Pragmatiker.