Axel Lukacsek über Motivationskünstler auf dem Trainerstuhl.

Dimo Wache erinnert sich noch ganz genau an die Saison vor 15 Jahren. Als der FSV Mainz 05 im dritten Anlauf den Sprung in die Fußball-Bundesliga zu verpassen droht, griff der damals bei vielen noch unbekannte Trainer Jürgen Klopp in seine Trickkiste und impfte seinen Spielern ein Selbstbewusstsein ein, dass eigentlich nichts mehr schief gehen konnte. ,,Wenn dir Kloppo erzählt, morgen scheint die Sonne, dann glaubst du es, selbst, wenn Unwetter gemeldet sind“, beschreibt der einstige Torhüter im Interview mit dem Kicker-Sportmagazin die Motivationskünste jenes Mannes, der gerade mit dem FC Liverpool die Champions League geholt hat und damit endgültig zu den größten Trainern seiner Branche aufgestiegen ist.

Der 51-Jährige hat längst gelernt, dass sich Erfolg auch durch noch so schöne Reden nicht erzwingen lässt. Zu lange musste er damals mit Mainz auf den Aufstieg warten. Nun benötigte er sechs Finalspiele, um endlich einen großen Titel zu erobern. Man darf jedoch auch in schier aussichtslosen Situationen nie den Glauben verlieren. Wie vor ein paar Wochen. Als Klopp im Halbfinale nach dem 0:3 in Barcelona mit seiner Mannschaft am Boden lag, schaffte Liverpool mit dem 4:0 eine unglaubliche Aufholjagd.

Der kroatische Innenverteidiger Dejan Lovren verriet später, wie Klopp seine Spieler so richtig heiß gemacht macht. „Es war brillant.“ Dabei waren es ziemlich einfache Worte. „Er sagte: ‚Männer, glaubt daran! Wir müssen ein bis zwei Tore schießen. Selbst wenn wir sie nicht nach 15 oder 20 Minuten schießen – glaubt daran, dass wir sie in der 65., 66. oder 67. Minute schießen können, und dann wird Anfield hinter uns stehen.“

Herbert Müller ist auch so ein verrückter Trainer. Wobei besessen noch besser beschreibt, wie er den Thüringer HC zu sieben Meistertiteln im deutschen Frauen-Handball geführt hat. Er gilt in der Branche als der größte Motivator. Die ehemalige Kapitänin erklärte einmal in zwei Sätzen das Erfolgsgeheimnis von Herbert Müller. „Er ist ehrgeiziger als alle Spielerinnen. Wenn er das nicht auf diese Weise vorleben würde, wären wir nie so erfolgreich“, sagte Kerstin Wohlbold.

Genau jenes Gespür hat auch Klopp. Er lebt den Glauben an den Erfolg selbst vor. „Je mehr du in einer solchen Situation aus dem Sattel gehst als Trainer, das habe ich zumindest für mich gelernt, desto mehr spürt die Mannschaft: Da ist irgendwas im Busch“, sagte der Trainer des FC Liverpool einmal. Auf jene Weise gewann der Thüringer HC vor ein paar Tagen das Pokal-Finale mit einem Tor, als beim 19:23 elf Minuten vor dem Ende der Triumph kaum mehr möglich erschien.

Auch Lukas Kwasniok hat sich in der zurückliegenden Drittliga-Saison mit den Kickern des FC Carl Zeiss als Motivationskünstler erfolgreich betätigt. Anders ist das Wunder von Jena kaum zu erklären. Lautstark forderten Teile der Fans sogar seine Ablösung, als der Club nach zwölf Spielen ohne Sieg eigentlich nicht mehr vor dem Absturz in die Viertklassigkeit zu retten war. Kwasniok hängte eine frisierte Tabelle in die Kabine. Alle Mannschaften standen bei null Spielen und null Punkten. Er strich die Vergangenheit einfach aus den Köpfen seiner Spieler – und schaffte tatsächlich den nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt.

Fußball-Trainer Christoph Daum versuchte einst, auf die eher bizarre Art das Letzte aus seinen Spielern heraus zu kitzeln. Einmal klebte er beim 1. FC Köln 40.000 D-Mark an die Kabinenwand, um die Meisterprämie seiner Mannschaft auch visuell vor Augen zu führen. Den Titel verpassten die Kölner zwar, aber wenigstens das folgende Spiel wurde mit 3:1 gewonnen.

Daum ließ aber auch schon als rumänischer Nationaltrainer mal die Muskeln spielen – nämlich die seiner Spieler. Um seiner Truppe zu verdeutlichen, was man gemeinsam alles schaffen kann, mussten die Kicker den 35 Tonnen schweren Mannschaftsbus schieben – mit Erfolg. Der Koloss bewegte sich tatsächlich.

Daum war stets mutig genug, immer wieder etwas Neues auszuprobieren. 1999 ließ er in Leverkusen seine Spieler barfuß über Glasscherben laufen, um ihnen klarzumachen, welche Kraft die Gedanken haben können.

Einen recht eigenwilligen Einfall hatte mal Ralf Rangnick, als er noch Trainer von Hannover 96 war. Er plagte sich mit seinen müden Kickern herum – und zündete vor dem Auswärtsspiel in Leverkusen in der Kabine einfach einen Knallfrosch. Alle waren plötzlich hellwach – und die Niedersachsen gewannen mit 3:1.