Axel Eger zur Kritik an Kipchoge.

Ein Mensch läuft den Marathon unter zwei Stunden, reißt die letzte große Bastion der Leichtathletik ein – und was passiert? Der durchschnittliche Wohlstandskritiker, der schon beim Treppensteigen außer Atem kommt, grummelt herum.

Erst waren es die Laborbedingungen, die bei Kipchoges 42-Kilometer-Experiment für erhobene Zeigefinger sorgten. Dabei waren die Umstände mit Ausnahme der wechselnden Tempoläufer gar nicht so viel anders als beim normalen Marathon.

Natürlich, Nike hat Millionen investiert und ein Spektakel inszeniert. Das hat die Nasa bei der Mondlandung aber auch getan. Es steckt in unseren Genen: Grenzen verschieben zu wollen. Und Kipchoge hat nicht weniger als eine Mondlandung, eine historische Tat, vollbracht.

Nun wird also noch der Schuh des Kenianers auf den Prüfstand gestellt. Weil Luftkissen und Carbonplatten zu viel Federung geboten hätten. Was soll das? Schon dem Freizeitläufer werden mit schmeichelnden Versprechen jedes Jahr aufs Neue sündhaft teure Modelle offeriert. Mal sind sie luftgedämpft, mal schaumgepolstert, mal mit Spezialsohlen, die Sicherheit geben wie ein Winterreifen. Und ein Weltklasseprofi trägt zerschlissene Treter und ein Baumwollshirt aus dem letzten Jahrhundert?

Ist das schon ein lächerlicher Irrtum, so ist der mit dem Vorwurf implizierte ein noch größerer. Wer glaubt, mit einem Hightech-Schuh liefe man von allein, möge ihn anziehen und einen Marathon versuchen. Im Ziel (sollte er es erreichen) würde er erkennen: Siebenmeilenstiefel gibt‘s nur im Märchen. Auch der schickste Schuh braucht den Menschen, der ihn läuft. Mit eigener Kraft.