Leitartikel: Die bequeme Selbstlüge der Corona-Demonstranten
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Von Martin Debes
Martin Debes über die Proteste gegen den Lockdown.
Am Samstag standen sie zu Hunderten auf dem Erfurter Domplatz, ohne Abstand zueinander, zumeist ohne Maske, und riefen von Frieden und Freiheit.
Nun muss Kritik an staatlichen Entscheidungen in einer Demokratie nicht nur möglich sein. Sie ist vielmehr dringend nötig, zumal dann, wenn diese Entscheidungen Freiheitsrechte einschränken.
Doch der Rechtsstaat ist auch für den Schutz von Leib und Leben verantwortlich. Er muss abwägen – und tut es auch. Die Demonstration in Erfurt war allein deshalb untersagt, weil die Stadt Corona-Risikogebiet ist. Mehrere gerichtliche Instanzen bestätigten das Verbot. Die Polizei bat die Menschen fast flehend, den Platz zu verlassen, bevor sie zögernd eingriff und dafür auf übelste Art bepöbelt wurde.
Der Vorgang dürfte viele Protestler in ihrer Überzeugung bestätigen, dass finstere Mächte eine erfundene Pandemie instrumentalisieren, um eine Diktatur zu errichten. Doch dies ist nicht bloß grober Unfug. Es ist die vorsätzliche Aufkündigung jeder rationalen Debatte, jeder gegenseitigen Empathie.
Kein Regierender, kein Abgeordneter und kein Beamter schließt freiwillig Schulen oder Kindergärten, zerstört das Geschäft von Gastronomen und Einzelhändlern und vermiest den Menschen Weihnachten. Im Gegenteil: Sie alle tun sich schwer mit den Restriktionen, weshalb vieles so unkoordiniert, verstolpert und fehlerhaft wirkt.
Niemand besitzt in der größten Gesundheitskrise seit dem Krieg fertige Antworten. Die Demonstranten könnten sich ja auch mal selbst befragen. Würden sie den Kollaps der Krankenhäuser in Kauf nehmen? Würden sie Menschen, so alt und krank sie sein mögen, wissentlich gefährden? Würden sie wirklich alles seinen darwinistischen Gang gehen lassen?
Doch diese Fragen ignorieren sie. Lieber fliehen sie aus der komplizierten Wirklichkeit in schlichte, propagandistisch ausgeschmückte Paralleluniversen, wo alles negiert wird, die Pandemie, die Kranken und die Toten. Wo nichts ist, muss auch nichts getan werden: Das ist ihre bequeme Selbstlüge.