Hanno Müller über den schönen Luxus ungenutzter Wälder.

Von allen großartigen Landschaften in Thüringen schreibt der Hainich im Dreieck zwischen Gotha, Eisenach und Bad Langensalza die wohl spannendste jüngere Naturgeschichte. Es kann nicht verkehrt sein, sich immer mal wieder daran zu erinnern, wie es dort vor 1989 zu Zeiten von großflächiger Abholzung und der Nutzung weiter Teile als Truppenübungsplatz aussah.

Seit 1996 sind alle Waldflächen forstlichem Gebrauch entzogen. Auf früheren, menschengemachten Brachen kann man seitdem zusehen, wie sich die Natur langsam aber sicher ihre Räume zurückholt. Areale, die früher bearbeitet wurden, stellen inzwischen als sich selbst überlassene Sukzessionsflächen unter Beweis, wie sich Leben und Artenvielfalt immer wieder bewundernswert Bahn brechen.

Auch damals fürchteten viele den ökonomischen Untergang, wenn ein so großes Fortsgebiet nur noch Wald um des Waldes willen sein soll. Mittlerweile dürfte die Freude über eine wahre Perle der Natur überwiegen. Wer noch zweifelt, sollte sich jetzt dorthin aufmachen, um zu erleben, wie der Frühling gerade wieder unaufhaltsam all seine treibende Kraft entfaltet.

Natürlich ist es Luxus, Wälder nicht wirtschaftlich zu nutzen. Wir aber sollten – und können – uns diesen Luxus leisten. Wir reden von den „Urwäldern von morgen“. Heute angestoßen, sind sie morgen ein Geschenk an nachfolgende Generationen. Wälder schützen das Klima, sind Heimat vieler Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und Erholungsorte für Menschen. Bis die geplanten fünf Prozent davon wieder ganz sich selbst überlassen sind, ist es noch ein weiter Weg. Der Anfang macht aber schon jetzt Lust auf mehr.

Thüringen weist erste Urwaldflächen aus