Kai Mudra über die geplanten Corona-Lockerungen.

Das weitere Vorgehen der Thüringer Minderheitsregierung in der Corona-Krise wird zum Stresstest für die Koalitionspartner. Als hätten Linkspartei, SPD und Grüne nicht schon genug mit dem täglichen Bewältigen der angespannten Situation zu tun, gesellt sich nun ein Kommunikationsdesaster hinzu.

Regierungschef Bodo Ramelow ist am Freitag mit der Ankündigung vorgeprescht, dass ab 6. Juni die strengen Corona-Beschränkungen gelockert werden könnten. Je nach Pandemieverlauf seien regionale Entscheidungen denkbar. Schnell machten Spekulationen die Runde, Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen oder den Mund-Nase-Schutz könnten bald der Vergangenheit angehören.

Das lässt aufhorchen. Rangiert Thüringen doch laut einer Statistik des Fernsehsenders N-TV vom Samstag auf dem drittvordersten Platz der Bundesländer, wird die Zahl der Corona-Neuerkrankungen in den vergangenen sieben Tage pro 100 Einwohnern betrachtet. Also ganz weit vorn.

Prompt kontert Ramelows Parteikollegin Katharina König-Preuss, dass sie sich in der derzeitigen Situation ein Aufheben der Abstandsregeln und des Mund-Nase-Schutzes nicht vorstellen könne.

Gereizt – und das ist sehr freundlich ausgedrückt – reagieren am Wochenende die kleinen Koalitionspartner SPD und Grüne auf den Alleingang des Regierungschefs. Der Vertrauensverlust ist groß, hat es Ramelow doch nicht für nötig gehalten, sie in seine Überlegungen und Pläne einzubeziehen. Bereits am Dienstag soll die Ministerrunde darüber erstmals beraten.

Die Sitzung wird auch deshalb zum Stresstest, weil der Krisenstab in dem von der SPD geführten Innenministerium aufgelöst und stattdessen die Krise im linksgeführten Gesundheitsministerium gemanagt werden soll. Die Koalitionspartner wären bei vielen Entscheidungen außen vor.

Dabei kann sich Rot-Rot-Grün einen solchen Zwist gar nicht leisten, sind die Koalitionäre doch zusätzlich auf die CDU angewiesen, wenn es wichtig wird.