Als Langzeitstudie erfasst der Thüringen-Monitor das politische Klima im Freistaat. In diesem Jahr untermauern die Daten etwas, vor dem Vertreter der Jüdischen Landesgemeinde seit längerer Zeit warnen: einen wachsenden Antisemitismus.

Ablehnende Einstellungen gegen Menschen jüdischen Glaubens treten in Thüringen wieder verstärkt auf. Das geht aus Untersuchungen für den diesjährigen Thüringen-Monitor hervor. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur heißt es in dieser soziologische Langzeitstudie, 16 Prozent der Thüringer würden der Aussage zustimmen, Menschen jüdischen Glaubens hätten etwas besonderes an sich „und passen nicht so recht zu uns“.

Bei der Studie 2018 hatten dieser Aussage nur 9 Prozent der Thüringer zugestimmt. Ein Jahr zuvor lag die Zustimmung bei 14 Prozent, davor schwankte sie zwischen 9 und 10 Prozent.

Ein besonders starker Anstieg der ablehnenden Einstellung sei vor allem bei Facharbeitern zu beobachten, heißt es in der Studie. Dagegen gebe es bei Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren sowie mit einem höheren Bildungsabschluss praktisch keine Veränderung ihrer Einstellungen zu Menschen jüdischen Glaubens.

Der Thüringen-Monitor wird von Soziologen der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität seit fast zwei Jahrzehnten im Auftrag der Landesregierung erarbeitet und untersucht Einstellungen der Thüringer. Die Wissenschaftler hatten für die neue Ausgaben Mitte 2019 eine repräsentative Befragung vorgenommen - also deutlich vor dem mutmaßlich rechtsextrem motivierten Anschlag auf eine Synagoge in Halle im Oktober.

Die Wissenschaftler registrierten auch eine stärkere Hinwendung der Thüringer zu anderen Ausdrucksformen von rechtsextremem Gedankengut. So sei die Zahl der Befragten gestiegen, die davon ausgingen, dass Deutsche anderen Nationen überlegen seien; ebenso wie die Zahl derer, die den Nationalsozialismus verharmlosten. Alles in allem sei der Anteil der rechtsextrem eingestellten Thüringer von 20 Prozent im Jahr 2018 auf 24 Prozent im Jahr 2019 gestiegen, heißt es in der Studie.

Wie bei der Zustimmung zu antisemitischen Thesen zeige sich, dass jüngere Menschen sehr viel weniger anfällig für dieses Gedankengut seien als Menschen in der Mitte ihres Lebens. Vertreter der Jüdischen Landesgemeinde hatten schon vor dem Anschlag von Halle mehrfach vor einem Erstarken von antisemitischen und rechtsextremen Einstellungen gewarnt. “Die Juden sind ängstlicher geworden. Und der Antisemitismus ist breiter geworden“, hatte bereits im März der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, gesagt. Gerade der rechte Antisemitismus sei stärker in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. „Es ist nicht so, dass ich mehr Drohbriefe bekommen würde also früher; aber manche von denen, die ich heute bekomme, sind in bestem Deutsch verfasst“, hatte Schramm gesagt.

Die Jenaer Wissenschaftler widmen sich jährlich auch einem Spezialthema. 2019 geht es um „Gesundheit und Pflege“. Die Ergebnisse des Thüringen-Monitors sollen Anfang Dezember in der Landesregierung vorgestellt und beraten werden. Traditionell werden sie auch dem Landtag vorgelegt und breit diskutiert.