Erfurt. Böhmermanns Leak der unter Verschluss gehaltenen NSU-Akten hat ein politisches Nachbeben. Die Linke-Fraktion aus Thüringen fordert, die den Geheimdiensten vorliegenden Akten zu entziehen.

Die Linke-Fraktion im Thüringer Landtag hat gefordert, die den Geheimdiensten vorliegenden Akten zur rechtsextremen Terrorgruppe NSU zu entziehen. Es sei notwendig, die Akten, die zur Aufklärung des NSU-Komplexes beitragen könnten, einem Archiv zu übergeben, um die Aufarbeitung voranzutreiben, erklärte die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss am Samstag. Sie reagierte damit auf die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann, die nach eigenen Angaben als geheim eingestufte hessische NSU-Akten veröffentlicht hatten. Landesinnenministerium, Landeskriminalamt und Landesverfassungsschutz in Hessen äußerten sich zunächst nicht zu dem Vorgang.

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"Wir glauben, die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, was genau in jenen Dokumenten steht, die ursprünglich für mehr als ein Jahrhundert geheim bleiben sollten", heißt es auf der zum mutmaßlichen Leak eingerichteten Webseite. Nach Einschätzung von König-Preuss offenbaren die Unterlagen, "dass der Geheimdienst eine Vielzahl von Informationen über Bewaffnung von Personen der rechten Szene hatte, aber diese nicht nutzte, um frühzeitig rechte Straftäter aus dem Verkehr zu ziehen".

NSU verübte u.a. zwei Bombenanschläge

Die hessischen Dokumente enthielten zudem eine Vielzahl von Informationen zu Thüringer Neonazis, sagte König-Preuss laut Mitteilung. Dass diese den Untersuchungsausschüssen der Länder nicht übergeben worden seien, zeige deutlich die Blockade des parlamentarischen Aufarbeitungswillens durch den Geheimdienst, so die Abgeordnete, die den beiden NSU-Ausschüssen des Thüringer Landtags angehörte. Die NSU-Akten des hessischen Verfassungsschutzes waren zunächst für 120 Jahre als geheim eingestuft worden, später wurde die Zeit auf 30 Jahre verringert.

Der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU) mit seinen aus Thüringen stammenden Kernmitgliedern Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hatte über Jahre unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin. Die Rechtsterroristen verübten außerdem zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten und etliche Banküberfälle. Mundlos und Böhnhardt hatten sich Anfang November 2011 in Eisenach getötet, um der Festnahme zu entgehen. Zschäpe wurde als Mittäterin zu lebenslanger Haft verurteilt - auch wenn es nie einen Beweis dafür gab, dass sie selbst an einem der Tatorte war.

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