Erfurt. Bund und Länder debattieren noch härteren Lockdown. Vor allem die Virusmutation bereitet Sorge.

Vor der nächsten Bund-Länder-Runde zur Corona-Krise hat der Thüringer SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider dem Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) vorgeworfen, die Bevölkerung mit seinen „politischen Pirouetten“ verunsichert zu haben. Corona-Blog: Lehrerverband für Maskenpflicht – Freiwillige Helfer dringend gesucht

„Mit seiner Flatterhaftigkeit, seinen unreflektierten Schnellschüssen und seiner inkonsistenten Haltung im Sommer und Herbst hat Ramelow das Vertrauen in notwendige Maßnahmen untergraben“, sagte Schneider dieser Zeitung. „So kann und darf man ein Land nicht führen, in der Krise schon gar nicht.“

Dass Ramelow zuletzt massive Fehleinschätzungen eingestand und härtere Einschränkungen fordert, hält der Abgeordneten für wenig glaubhaft. „Er versucht sich jetzt als Krisenmanager zu inszenieren“, sagte er. „Doch damit will er von seinem eigenen maßgeblichen Anteil an der weit verbreiteten Verunsicherung ablenken.” Kritik an seiner Person betrachte Ramelow nach wie vor als „Majestätsbeleidigung“.

Ramelow als "Sicherheitsrisiko"

Der Sozialdemokrat verwies darauf, dass der Linke bis in den Herbst hinein die Gefährlichkeit des Corona-Virus relativierte. So habe Ramelow trotz Warnungen von Experten an der Planung von Karnevalsfeiern und Weihnachtsmärkten festgehalten. Schneider ist als Parlamentarischer Geschäftsführer die Nummer 2 in der SPD-Bundestagsfraktion. Seine Äußerungen sind nach Informationen dieser Zeitung mit der Thüringer SPD-Spitze angestimmt.

Schon Ende Oktober hatte er Ramelow als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnet, nachdem der Linke öffentlich erklärte, dass deutlich mehr Menschen Sepsis und Pneumonie als Corona zum Opfer fielen – und dass die meisten Menschen bloß mit dem Virus stürben, aber nur „sehr wenige“ an der Erkrankung Covid-19. Mit diesen „völlig absurden“ Äußerungen müsse sich Ramelow nicht wundern, wenn ihn Corona-Leugner als Kronzeugen betrachteten.

Sorge wegen Virusmutation

Ende Oktober waren 203 Menschen in Thüringen mit oder an dem Coronavirus verstorben. Die Zahl hat sich seitdem auf 1638 mehr als verachtfacht. Thüringen hat zudem im Ländervergleich die höchste Anzahl an Neuinfektionen. Die Zahl der positiven Coronatests auf 100.000 Einwohner binnen einer Woche liegt bei 274.

In der Runde der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten geht es an diesem Dienstag um eine die Verlängerung und eine erneute Verschärfung des Lockdowns (siehe unten). Sorge macht der Politik die deutlich ansteckendere Virusvariante, die bereits in mehreren europäischen Ländern grassiert. In Thüringen wurde die Mutante noch nicht nachgewiesen.

Diese Maßnahmen werden debattiert:

  • Verlängerung Lockdown: „Das ist unvermeidlich“, sagt Sozialministerin Heike Werner (Linke) dieser Zeitung. „Die Zahl der Neuinfektionen ist noch viel zu hoch.“
  • Ausgangssperre: Diskutiert wird eine Bewegungsbeschränkung von 20 Uhr bis 5 Uhr. In Thüringen gilt sie bereits von 22 bis 5 Uhr.
  • Wirtschaft: Werner verlangt eine Pflicht zum Home-Office in den Bereichen, in denen dies technisch möglich sei. Zudem müssten Firmen ihre Mitarbeiter regelmäßig testen, um Betriebsschließungen zu vermeiden.
  • Bewegungsradius: Bereits jetzt dürfen sich in einigen Ländern die Menschen nicht ohne triftigen Grund weiter als 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen. In Thüringen ist dies bisher nur eine Empfehlung.
  • FFP2-Maskenpflicht: Die Maßnahme gilt bereits in Bayern.