Erfurt. Fast ein Viertel der Erzieher geht in den nächsten Jahren in Rente. Kommt nach dem Lehrermangel in Thüringen nun die Personalnot in den Kitas?

Das Thüringer Bildungsministerium rechnet damit, dass in den nächsten Jahren fast ein Viertel der Erzieher in den Kindergärten in Rente geht. Demnach sind von den 14.410 Erziehern in den Kitas 3313 mindestens 55 Jahre oder älter und damit potenzielle Kandidaten für den Wechsel in den Ruhestand in den nächsten zehn Jahren. Das Ministerium beruft sich dabei auf Zahlen des Landesamtes für Statistik, die an einem Stichtag Anfang März erhoben wurden. Hinzu kommt ein erhöhter Personalbedarf durch das kürzlich im Landtag verabschiedete Kindergartengesetz, nach dem unter anderem mehr Personal in der Altersgruppe der Vierjährigen eingesetzt werden soll.

Bestandteil der Novelle ist auch eine Anhebung der sogenannten Minderungszeiten für Erzieher. Der Anteil ihrer Arbeitszeit zum Beispiel für Vertretungen bei Krankheitsfällen oder Vor- und Nachbereitungszeiten wird von 25 Prozent auf 28 Prozent erhöht. Im Parlament machte Bildungsminister Helmut Holter (Linke) klar, dass auch dadurch faktisch mehr Erzieher gebraucht werden.

Mit dem Gesetz soll in Thüringen ein Modellprojekt für multiprofessionelle Teams starten. Diese sollen ab 2020 in Kitas mit sozial schwierigem Umfeld unterstützen. Dafür sind 100 Stellen vorgesehen.

Insgesamt erhöht das verabschiedete Gesetz den Personalumfang um 530 Vollzeitstellen. Das Ministerium weist darauf hin, dass diese Zahl nicht mit einem Mehrbedarf an Personen gleichzusetzen ist. Ein Teil dieser Vollzeitstellen könne über eine Anhebung des Stellenumfangs von bereits angestellten Erziehern genutzt werden.

„Derzeit bildet Thüringen ausreichend Erzieherinnen und Erzieher aus“, erklärte Holter auf Anfrage. Entscheidend sei aber, dass den pädagogischen Fachkräften von den Trägern gute Bedingungen geboten würden, „damit sie nach der Ausbildung nicht in andere Länder abwandern“. Nach Zahlen seines Ministeriums werden in Thüringen derzeit jedes Jahr mehr als doppelt so viele Erzieher ausgebildet, als durch Rentenabgänge in Zukunft ersetzt werden müssen.

Pläne der Bundesfamilienministerin verschärfen Situation womöglich

In vielen Bundesländern werden Erzieher knapp. Grund ist unter anderem der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Das trifft vor allem jene Länder, in denen die Betreuungsquote noch relativ gering ist. In ostdeutschen Bundesländern ist der Anteil der Kinder, die eine Kita besuchen, meist hoch. Nach Angaben des Thüringer Bildungsministeriums besuchen rund 95 Prozent der Kinder eine Kita.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will bis 2025 auch einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen erreichen. Werden diese Pläne umgesetzt, werden in einigen Bundesländern womöglich noch mehr Erzieher gebraucht.