Berlin/Erfurt. Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hat sich mehrfach in die Debatte über die Regierungsbildung in Thüringen eingeschaltet. Seine Äußerungen gefallen nicht jedem.

In der Debatte über die Regierungsbildung in Thüringen hat FDP-Landtagsfraktionschef Thomas Kemmerich den früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck mehr Zurückhaltung nahegelegt. „Nach meinem Verständnis widerspricht Ihr Verhalten dem Neutralitätsgebot, das sich auch aus dem Amt ausgeschiedene Bundespräsidenten bislang selbst auferlegt haben“, schrieb Kemmerich am Wochenende in einem von ihm verbreiteten Brief an Gauck. „Die vermittelnde Funktion eines ehemaligen Staatsoberhauptes müsste sich - wenn überhaupt - auf alle im Landtag vertretenen Parteien erstrecken und nicht auf eigene Wunschkoalitionen eines Altbundespräsidenten.“

Gauck hatte am Samstag in der „Welt“ für eine „begrenzte Form der Duldung“ einer von der Linken geführten Minderheitsregierung in Thüringen durch die CDU plädiert. „Ich bin gegen jegliche Form der Koalition der CDU mit der Linkspartei in Thüringen. Es geht eher um eine begrenzte Form von Duldung“, sagte Gauck der Zeitung. „Und diese Duldung sollte die Linkspartei etwas kosten. Das wäre mein Rat an die CDU.“

Kemmerich äußerte Erstaunen über diese Äußerungen. Er ermahnte Gauck in seinem Brief, „weiterhin das Wohl aller Thüringerinnen und Thüringer im Blick zu behalten und nicht nur einer bestimmten Hälfte der Wählerinnen und Wähler im Freistaat“.

Gauck hatte sich am Sonntag vor einer Woche mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) und CDU-Landeschef Mike Mohring getroffen. Die Runde sprach über die schwierige Regierungsbildung in dem Bundesland nach der Landtagswahl Ende Oktober.

FDP und CDU haben feste Zusammenarbeit mit Rot-Rot-Grün abgelehnt

Linke, SPD und Grüne planen eine Minderheitsregierung und haben dafür am Freitag das Regierungsprogramm vorgestellt. FDP und CDU haben eine feste und regelmäßige Zusammenarbeit mit Rot-Rot-Grün abgelehnt. Allerdings will sich Mohring mit Ramelow treffen und 22 Themen besprechen. Er hatte einer Minderheitsregierung bei bestimmten, für Thüringen wichtigen Projekten Unterstützung im Landtag in Aussicht gestellt.

CDU-Generalsekretär Raymond Walk hatte am Freitag bekräftigt, die CDU-Landtagsfraktion habe einstimmig beschlossen, Rot-Rot-Grün nicht zu unterstützen und Bodo Ramelow nicht als Ministerpräsident einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung ins Amt zu wählen. „Die Fraktion wird alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, um den im Wahlprogramm der CDU Thüringen beschriebenen Markenkern umzusetzen.“

Gauck sagte, sein Beweggrund, Gespräche zwischen Ramelow und Mohring angestoßen zu haben, sei gewesen: „der Union nahezulegen, nicht nur zu blockieren“. „Gerade weil wir in einer Zeit des größer werdenden Demokratieverdrusses leben, kann es doch nicht sein, dass die Union auf Dauer dazu beiträgt, dass die Regierungsfähigkeit Thüringens nicht gegeben ist und somit der Frust breiter Wählerschichten gegenüber den Parteien und ihren Repräsentanten noch gefördert wird.“

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