Erfurt. Lehrerausbilder sehen die Referendarsausbildung in Thüringen in Gefahr. Möglicherweise müssten Kapazitäten reduziert werden.

Der Brief an Helmut Holter vom 9. Februar dieses Jahres klingt zunächst nach einem Lob für den Linke-Politiker. Dem „sehr geehrten“ Herrn Bildungsminister wird darin mitgeteilt, dass „die schulartbezogenen Seminarleitungen des Staatlichen Studienseminars in Erfurt“ das neue Thüringer Bildungsgesetz durchaus „begrüßen“, weil es wieder ein Funktionsamt für die sogenannten Fachleiterinnen und Fachleiter oder eine Zulage vorsieht.

Fachleiter sind jene Pädagogen, die den Lehrernachwuchs ausbilden. Sie können nun je nach Voraussetzung eine höhere Besoldungsstufe erhalten oder abhängig von der Zahl der Referendare bis zu 300 Euro im Monat zusätzlich. Damit werde „der höherwertigen Tätigkeit dieser Personen Rechnung getragen“. Und die Studienseminare würden bei der Bewältigung der Herausforderungen gestärkt, „die sich aus dem gegenwärtigen Bedarf an Lehrkräften ergeben“, freuen sich die Seminarleiter.

Unterschrieben haben den Brief neben Steffi Jünemann, die sich um die nächste Generation von Grundschullehrern kümmert, auch ihre für Berufsschulen, Regelschulen und Gymnasien zuständigen Kollegen, Thomas Euchler, Frank Triller und Ralph Hepp.

„Eklatante Lücke“ in den Regularien entdeckt

Ginge das Schreiben in dem Tenor weiter, müssten sich weder der Bildungsminister noch angehende Lehrer Gedanken machen. Aber dem ist nicht so. Denn das Quartett hat in den Regularien eine „eklatante Lücke“ entdeckt, die eine für die Ausbildung „essenziell wichtige Personengruppe, die Fachleiter für Pädagogik,“ außen vor lässt, sodass diese weder höher eingestuft würden noch eine Zulage erhielten.

Die Seminarleiter befürchten, dass „unter dieser Prämisse“ die Fachleiter für Pädagogik ihre Arbeit nicht fortsetzen werden. Bereits jetzt deute sich an, dass Kolleginnen und Kollegen aufgrund der Gesetzesänderung ihre Tätigkeit beenden wollten. „Ohne die über Jahre entwickelte Expertise und Kompetenz dieser Fachleiter/innen für Pädagogik ist allerdings die Ausbildung an den Studienseminaren nicht möglich. Die Ausbildungskapazitäten könnten nicht aufrechterhalten und müssten reduziert werden“, warnen sie und fügen hinzu: „In Anbetracht des großen Bedarfs an Lehrkräften an den Schulen in Thüringen wäre dies in unseren Augen eine Katastrophe.“

Ein Sprecher des Thüringer Bildungsministers bestätigte auf Anfrage dieser Zeitung: „Bisher erhalten Fachleiterinnen und Fachleiter für Pädagogik in Thüringen als solche keine Zulage.“ Denn diese Funktion sei nicht ohne Weiteres vergleichbar mit denen, die in Ausbildungsfächern beziehungsweise sonderpädagogische Fachrichtungen ausbilden. Sie hätten unterschiedliche Aufgaben, sodass für sie gesondert eine Lösung gefunden werden müsse. Von den rund 350 Fachleitern betreffe das etwa 50. Ihre wichtige Arbeit werde geschätzt. Das Ministerium sei „um eine konstruktive Lösung bemüht“.

Dazu besteht diesen Freitag, 8. April, im Bildungsausschuss des Landtages bereits Gelegenheit: Die CDU-Fraktion hat das Thema auf die Tagesordnung des Gremiums gesetzt. „Etwa 1200 Lehrer gehen jährlich in Rente, nur 750 neue werden eingestellt. Wir brauchen diese Fachleiter, um das System am Leben zu erhalten“, sagt der Union-Bildungspolitiker Christian Tischner. Im Ministerium wisse aber offenbar die linke Hand nicht, was die rechte tue. Tischners Forderung: die Gleichbehandlung der Fachleiter als Basis für eine gute Lehrerausbildung.