Erfurt . Im ersten Anlauf konnte sich Finanzministerin Taubert noch nicht mit einer Haushaltssperre durchsetzen: Doch Thüringen muss auf das riesige Haushaltsloch reagieren, das die Corona-Krise reißt. Sparaktionen werden bereits diskutiert.

Thüringens Landesregierung hat die Entscheidung über eine Haushaltssperre als Reaktion auf die immensen Steuerausfälle vertragt. Darüber werde erst in einer der nächsten Kabinettssitzungen abschließend beraten, sagte Finanzministerin Heike Taubert (SPD) am Dienstag in Erfurt. Taubert hatte angekündigt, dass sie sich dafür einsetzt, dass ein Teil der 2020 geplanten Ausgaben auf Eis gelegt wird. „Bei einer solchen Frage steht immer das Kabinett gegen die Finanzministerin“, sagte sie zu ihrem Vorschlag, eine Haushaltssperre zu verhängen. Sie habe aber viel Verständnis in den Gesichtern ihrer Kabinettskollegen gesehen.

Eine Sparmöglichkeit könnte nach Meinung von Taubert bei den Personalausgaben im öffentlichen Dienst liegen. „Möglicherweise können wir die Gehaltserhöhung ein Jahr aussetzen“, sagte sie. „Das ist natürlich eine Option.“ Immerhin seien die Gehälter im öffentlichen Dienst in den vergangenen sechs Jahren mit einem zweistelligen Plus erhöht worden.

Taubert: Seit 1990 nicht so ein Einbruch an Steuern

Die Mai-Steuerschätzung prognostiziert Thüringen als Folge der Corona-Krise und des Konjunktureinbruchs in diesem Jahr Mindereinnahmen von 991 Millionen Euro. Damit fehlt fast jeder zehnte Euro, der 2020 ausgegeben werden sollte. Für das Jahr 2021 müssen die Einnahmen nach Angaben von Taubert um 427 Millionen Euro nach unten korrigiert werden. Im Zeitraum bis 2024 sage die Prognose ein Einnahmedefizit von insgesamt 2,3 Milliarden Euro voraus. „Wir haben seit 1990 nicht so einen Einbruch an Steuern gehabt“, äußerte die Ministerin.

Erstmals räumte Taubert ein, dass das Land 2020 wahrscheinlich nicht um eine Neuverschuldung herumkommt - es wäre in Thüringen die erste Kreditaufnahme zum Stopfen von Haushaltslöchern seit 2011. Sie wolle jedoch die geplante zusätzliche Steuerschätzung im September abwarten, so die Ministerin. „Dann haben wir ein viel klareres Bild.“ Diesem Vorgehen stimmte der Haushaltspolitiker der Linken, Ronald Hande, zu.

Die Kreditaufnahme soll nach den Vorstellungen von Taubert über einen Nachtragshaushalt geregelt werden, auf den die oppositionelle CDU-Fraktion erneut pochte.

Thüringen habe zwar durch Überschüsse in den vergangenen Jahren ein Finanzpolster von 1,8 Milliarden Euro angespart. Das Geld würde aber mit dem Corona-Hilfspaket über ein Volumen von 1,2 Milliarden Euro, mit 168 Millionen Euro für zusätzliche Investitionen in den Kommunen sowie für den Etat 2020 so gut wie aufgezehrt, so die Ministerin. Daraus ergibt sich, dass das Land Kredite bis zu einem Betrag von einer Milliarde Euro Kredite braucht, um das Haushaltsloch zu stopfen und das Land investitionsfähig zu halten, wie es nicht nur Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) verlangt.

Forderung nach Doppelhaushalt abgelehnt

Forderungen nach Aufstellung eines Doppelhaushalt bis 2022 unter anderem von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüen) lehnte Taubert ab. Dann müsste die seit Dezember gelaufene Vorbereitung des Etats für 2021 „auf Null gestellt werden“. Zudem habe sich Rot-Rot-Grün mit der CDU auf eine Neuwahl des Landtags im April 2021 verständigt. Olaf Kießling von der AfD-Fraktion bezeichnete einen Doppelhaushalt als Harakiri.

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Maik Kowalleck, lehnte das Warten bis zur nächsten Steuerschätzung ab. „Uns geht es jetzt vor allem darum, notwendige Investitionen sowie Hilfeleistungen für Familien und die Wirtschaft abzusichern“, erklärte er. Das dürfte nicht in erster Linien über neue Schulden erreicht werden. „Was Thüringen jetzt braucht, ist einen Kassensturz ohne ideologische Scheuklappen“, sagte Kowalleck.