Hanno Müller über Wissen und Tun in der Pandemie.

Es ist schwer, Nein zu sagen. Nein zur gewohnten Begegnung mit Familienangehörigen oder Freunden. Nein zur ausgestreckten Hand – so schlimm kann ein Handschlag doch nicht sein. Nein dazu, die Maske abzusetzen oder Distanz zu halten, wenn man in vertrauter Runde zusammen ist.

Selbst nach einem Jahr Pandemie sind Sorglosigkeit und mangelndes Risikobewusstsein noch immer Treiber des Infektionsgeschehens. Viele wissen es, sehen es bei anderen, nicht aber im eigenen Tun. Die Ergebnisse der Erfurter Cosmo-Studie sind alarmierend. Nur etwa jeder Vierte denkt, dass man sich im privaten Umfeld anstecken könnte.

Dabei findet genau hier die Verbreitung des Virus statt. In Thüringen sogar achtmal häufiger als am Arbeitsplatz oder in der Schule. Corona ist nicht wählerisch. Die Mutanten sind es erst recht nicht. Hohe Inzidenzen ziehen mehr Krankenhausaufnahmen und Intensivfälle nach sich – das gilt es zu verhindern. Jede ungeschützte Begegnung kann die eine zu viel sein.

Schlimmer noch als Sorglosigkeit ist Ignoranz, also so zu tun, als gehe einen die Pandemie nichts an. Zahlen werden angezweifelt, zunehmende Testung als sinnlos bezeichnet. Außerdem wird von vielen falsch-positiven Testergebnissen ausgegangen. Auch das registriert die Studie und fordert zu Recht mehr Aufklärung.

Jetzt steht Ostern vor der Tür – gewöhnlich die Zeit für geselliges Beisammensein. Die Sehnsucht danach ist riesig, die Versuchung ebenso. Kostenlose Schnelltests und Selbsttests für Zuhause ermöglichen mehr Sicherheit, sie sollten genutzt werden. Geplante Lockerungen schaffen mehr Freiheiten. Niemand ist gern Spielverderber. Und doch gilt: Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch gut. Es ist schwer, Nein zu sagen – beim derzeitigen Verlauf der dritten Welle ist es aber die klügere Entscheidung.