Erfurt. Bodo Ramelow ist zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Wir haben nach der Wahl Stimmen gesammelt.

Bodo Ramelow wurde im 3. Wahlgang mit den Stimmen seiner Rot-Rot-Grünen Wunschkoalition zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt. Wir haben nach der Wahl Stimmen gesammelt:

"Nach den Wirren und Aufregungen der letzten Wochen können der Freistaat Thüringen und seine Bürgerinnen und Bürger aufatmen. Der Thüringer Landtag hat gewählt, und Thüringen hat in Bodo Ramelow wieder einen Ministerpräsidenten. Es ist nur zu begrüßen, dass jetzt eine Regierung gebildet wird und das Kabinett seine Arbeit aufnimmt. Endlich können wieder im politischen Ringen Sachfragen im Mittelpunkt stehen. Normalität und Stabilität sollen fortan den politischen Alltag bestimmen. Allerdings ist viel Vertrauen in Parteien und die Demokratie verlorengegangen. Dieses muss wieder hergestellt werden. Das ist jetzt eine der dringendsten Aufgaben in Thüringen."

Bischof Ulrich Neymeyr (Bistum Erfurt), Bischof Heinrich Timmerevers (Bistum Dresden-Meißen), Bischof Michael Gerber (Bistum Fulda)

Ein Politkrimi nahm heute nochmal ein glimpfliches Ende. Der Weg ist nun frei, eine handlungsfähige Landesregierung zu bilden. Dies ist nicht zuletzt mit Blick auf wichtige sozialpolitische Themen, etwa in der Pflege oder im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe von zentraler Bedeutung für den Freistaat. Und dennoch ist nicht alles gut. Diese hausgemachte Regierungskrise hat Thüringen nicht gutgetan. Sie hat das Land noch tiefer gespalten, gleichzeitig aber auch gezeigt, wie durchdrungen an einigen Stellen Politik und Gesellschaft von Gedanken der Ungleichwertigkeit sind. Orientiert an unseren Werten offen, vielfältig und tolerant, heißt es auch zukünftig aufmerksam zu bleiben und eine klare Haltung gegen jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung einzunehmen.

Stefan Werner, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Thüringen

"Ich gratuliere Bodo Ramelow. Den aufrechten Abgeordneten im Thüringer Parlament wünsche ich nun viel Kraft, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und gemeinsam im demokratischen Diskurs das Beste für unseren Freistaat und seine Menschen zu erreichen."

Frank Albrecht, Vorstandsvorsitzender des Awo-Regionalverbandes Mitte-West-Thüringen

„Wir sind erleichtert darüber, dass der Thüringer Landtag nun eine hoffentlich arbeitsfähige Landesregierung hervorgebracht hat und das Verhalten der Parlamentarier der demokratischen Parteien nicht länger von den taktischen Spielchen der Rechtspopulisten bestimmt wird. Jetzt erwarten wir, dass unverzüglich alles unternommen wird, um den monatelangen Zeitverlust im Hinblick auf Lehrermangel und Unterrichtsausfall bestmöglich wettzumachen. Die Schulen in Thüringen können nicht auf den Haushaltsplan 2021 warten: Es fällt mehr Unterricht aus als je zuvor und die Zahl der Langzeiterkrankten ist enorm hoch. Konkret müssen das Einstellungsverfahren und die Einstellungsbedingungen so schnell wie möglich verbessert werden. Kein ausgebildeter Bewerber darf mehr abgewiesen oder mit einer befristeten Stelle abgespeist werden. Andere Länder sind da viel weiter als Thüringen. Und von der Unterrichtsgarantie, die uns von der letzten Landesregierung versprochen worden ist, sind wir immer noch meilenweit entfernt.“

Rolf Busch, Vorsitzender des Thüringer Lehrerverbandes (tlv)

"Es ist gut, nun hoffentlich bald wieder eine vollumfänglich handlungsfähige Regierung zu haben. Wichtig ist dies vor allem für dringende, langfristig angelegte Projekte. Zuversichtlich bin ich, dass der Museumsverband Thüringen an die bisher ausnehmend konstruktive Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei anknüpfen kann. Persönlich hoffe ich auf ein gutes und sachorientiertes Miteinander aller demokratischen Parteien im Sinne unseres Landes!"

Thomas T. Müller, Präsident des Museumsverbandes Thüringen

"Wir sind erleichtert, dass wieder eine Mannschaft mit einer Spitzenfunktion bereit steht, sich um die Angelegenheiten dieses Landes zu kümmern, anstatt nur Schlagzeilen zu produzieren. Das brauchen wir alle nicht, die wir in Thüringen unsere Arbeit machen wollen. Dass Bodo Ramelow gewählt wurde, finde ich gut. Ich glaube, auch schnellere Neuwahlen wären nicht schlecht gewesen, aber das war nicht zu erreichen. Ich fand auch wichtig, dass Ramelow in seinem Statement nach der Wahl nochmals deutlich gesagt hat, wer hier zündelt und Destabilisierung will. Und es ist auch richtig, dass er zeigt, dass er mit diesen Leuten keinen Kontakt wünscht."

Steffen Mensching, Intendant am Theater Rudolstadt

"Das, was die letzten Wochen abging, war ein unsägliches theaterhaftes Taktieren, das keiner haben will. Was von den Bürgern gefordert wird und was diese im Gegenzug erwarten, hat ein Großteil der Politiker in Erfurt und Berlin ad absurdum geführt. Versteckspielen in der Politik hilft niemandem. Aber es ist gut, dass wir nun einen Ministerpräsidenten haben und wieder regierungsfähig sein werden. Nun heißt es: Aufs Wesentlich konzentrieren, zum Wohle des Landes, der Bürger!"

Olaf Ludwig, Straßenrad-Olympiasieger aus Gera

"Ich habe die Wahl mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis genommen, in Anbetracht der Kippe, auf der für den Freistaat demokratisch doch einiges stand. Dass sich in den vergangenen vier Wochen verschiedene Richtungen abzeichneten, wie so ein Parlament weiter machen könnte und dabei Untiefen erkennbar wurden, von denen man gar nicht dachte, dass es die geben kann, ist eine bemerkenswerte Erfahrung. Ich hoffe jedenfalls, dass es für alle eine ist. Ich nehme den heutigen Wahlgang in drei Schritten als klaren Weg, zunächst zu einer Regierung zu kommen und dann, hoffentlich zum richtigen Zeitpunkt, Neuwahlen vorzubereiten. Die halte ich für unabdingbar, um zu einer konsolidierten demokratischen Verbindung zwischen den Thüringerinnen und Thüringern sowie der Regierung, die für sie in die Verantwortung geht, zu gelangen."

Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar

„Ich bin erleichtert, dass nach dem politischen Dammbruch vom 5. Februar eine demokratische Wahl stattfand. Jetzt ist zu hoffen, dass sich die demokratischen Parteien in den kommenden Monaten auf Themen konzentrieren, in denen ein Konsens möglich ist.“ Insofern könne die Zeit bis zu den Neuwahlen im kommenden Jahr als eine Chance für alle Demokraten sein, sich auf ihre Gemeinsamkeiten zu besinnen, so der Landesvorsitzende. Besorgniserregend sei das Abstimmungsverhalten der AfD. „Die Abgeordneten haben sich zwei Mal einstimmig hinter einen Mann der extremen Rechten gestellt, der die NS-Verbrechen relativiert.“

Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde

"Ich freue mich, dass eine tragbare Entscheidung getroffen wurde und das operative politische Geschäft in Thüringen wieder Fahrt aufnimmt. Aus Sicht der Thüringer Ärzteschaft brauchen wir dringend mehr Medizinstudienplätze. Es geht um die Sicherung der medizinischen Versorgung in Thüringen insgesamt. Wir haben inzwischen ein großes fachärztliches Problem, das merken wir an den Kliniken und an dem, was uns die ärztlichen Direktoren widerspiegeln. Und natürlich hoffen wir auch auf die Zustimmung des Gesundheitsministeriums für das, was die Kammerversammlung und damit das Parlament der Thüringer Ärzte zeitgleich mit der Formierung der neuen Regierung beschlossen hat, nämlich eine Weiterbildungsordnung, die zukunftsfähige medizinische Arbeit ermöglicht."

Ellen Lundershausen, Präsidentin der Landesärztekammer

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