Erfurt. Die Schulabschlussprüfungen rücken immer näher, doch für viele Schüler in Thüringen war der Unterricht wegen der Corona-Pandemie verkorkst. Das Land will nun Prüfungen leichter machen und Schüler trotz schlechter Leistungen versetzen. Dagegen regt sich Widerstand.

Die CDU-Landtagsfraktion hat Pläne des Thüringer Bildungsministeriums scharf kritisiert, wegen der Corona-Pandemie deutlich mehr Schüler automatisch in die nächste Klassenstufe zu versetzen. Corona-Blog: Ausbruch in Pflegeheim nach erstem Impfdurchgang – Lehrer bei Impfungen nicht bevorzugt

"Damit können wie das Homeschooling auch ganz sein lassen. Denn diejenigen, die sich anstrengen, machen es für die Katz' und die anderen brauchen sich auch weiterhin nicht anstrengen", sagte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Christian Tischner, am Donnerstag in Erfurt. Durch dieses Vorgehen produziere man "Bildungsverlierer". Seine Fraktion lehne die automatische Versetzung der Schüler trotz schlechter Leistungen ab.

Am Freitag soll im Bildungsausschuss des Landtages eine Abmilderungsverordnung von Minister Helmut Holter (Linke) diskutiert werden, die Regelungen für die Schulabschlussprüfungen in Zeiten der Pandemie trifft. Sie sieht unter anderem vor, dass bestimmte Prüfungen verschlankt oder vereinfacht werden. Teils erhalten Schüler auch mehr Wahlmöglichkeiten.

Nach der Verordnung sollen zudem in diesem und im kommenden Schuljahr Schüler der Klassenstufen vier, sechs und acht automatisch in die nächste Klasse versetzt werden - auch wenn ihre Leistungen dafür normalerweise nicht ausreichen. Für die Klassenstufen fünf und sieben ist ein Sitzenbleiben ohnehin bereits ausgeschlossen.

Grüne wollen landesweites Konzept

Tischner kritisierte insbesondere, dass diese Abmilderungsverordnung nicht nur für das laufende Schuljahr, sondern auch für das nächste gelten und erst Ende Juli 2022 wieder außer Kraft treten soll. Er verwies auf den Schulfrieden, auf den man sich zwischen Linke, SPD, Grünen und der CDU geeinigt habe. "Ich werde im Ausschuss an alle appellieren, diesen Schulfrieden nicht in Gefahr zu bringen."

Die Grünen-Fraktion sprach sich dafür aus, Lernrückstände von Schülern zu erfassen. "Leider funktioniert Homeschooling vielfach aufgrund von technischen Mängeln, fehlenden Kapazitäten der Schulcloud, fehlender Fortbildung oder auch mangelnder Unterstützung im Elternhaus nicht wirklich", sagte die Fraktionsvorsitzende und Bildungsexpertin Astrid Rothe-Beinlich. Man gehe davon aus, dass ein Großteil der Schüler Lernrückstände hat. "Daher braucht es nun dringend ein landesweites Konzept zur gesicherten Erfassung und zum Aufholen von individuellen Lernrückständen."

Rothe-Beinlich stellte sich gegen den Ansatz der CDU-Fraktion, dass Schüler mit unzureichenden Leistungen die Klassenstufe wiederholen sollte. "Die Klassenwiederholung muss die letzte Option sein und sollte nur freiwillig erfolgen."

Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Denny Jankowski, lehnte wie die CDU-Fraktion eine automatische Versetzung von Schülern ab. "Unsere Bildungssubstanz im Land ist bereits stark angegriffen. Schüler ohne die entsprechend erbrachte Leistung nun einfach weiter ins nächste Schuljahr schieben zu wollen, wird die Situation noch weiter verschlechtern."