Erfurt. Wie viel Geld darf ein Manager in der Sozialwirtschaft verdienen? Ein Transparenzregister könnte die Gehälter offenlegen. Doch die Liga der Freien Wohlfahrtspflege wehrt sich.

Sollen Gehälter von Spitzenmanagern in der Sozialwirtschaft veröffentlicht werden? Mit dieser Frage befasst sich aktuell der Sozialausschuss im Landtag, der dazu jüngst Vertreter von Wohlfahrtsverbänden und Experten anhörte. Wir beantworten Fragen dazu.

Warum beschäftigen sich die Abgeordneten mit diesem Thema?

Durch Recherchen dieser Zeitung wurde von zwei Jahren unter anderem aufgedeckt, dass der frühere Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt-Tochter AJS gGmbH mehr als 300.000 Euro im Jahr verdiente. Das ist gut das Doppelte dessen, was auch der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) für angemessen hält. Zudem hatte der Ex-Geschäftsführer die Gesellschafter der AJS dazu gebracht, sein Gehalt sogar noch um 20.000 Euro zu erhöhen, als der Bundesverband längst eine Korrektur eingefordert hatte. Weil solches Gebaren den Ruf der gesamten Sozialbranche schädigt, stellte die CDU-Landtagsfraktion den Antrag, ein verpflichtendes öffentliches Transparenzregister für Managergehälter in der Thüringer Wohlfahrtspflege einzuführen.

War das der einzige Antrag? Schließlich steht die Awo traditionell der SPD nahe.

Nein, es liegt auch ein Alternativantrag von Linken, SPD und Grünen vor. Sein Kern ist die Forderung nach einem Transparenzkodex für die Soziale Arbeit, um – wie es heißt – vor allem Korruption entgegenzuwirken und für den verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern zu sensibilisieren. Auch dieser Antrag zielt auf die Offenlegung von Gehältern und etwaigen Zusatzleistungen von Managern.

Wie ist die Rechtslage: Dürfen Managergehälter in einem für jedermann zugänglichen Register publiziert werden?

Jörg Altmann, Professor für Recht der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Erfurt, sagt, dass ein verpflichtendes, öffentlich zugängliches Transparenzregister nicht zulässig ist. Es bestehe kein legitimes Interesse der Öffentlichkeit, das einen solchen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Spitzenmanager rechtfertigt. Zudem nutze es nichts, nur die Höhe von Vergütungen offenzulegen, ohne sie in einen Kontext zu stellen.

Ist damit ein Transparenzregister oder ein -kodex vom Tisch?

Nein. Ein freiwilliges öffentliches Transparenzregister oder ein freiwilliger öffentlicher Transparenzkodex wären unter bestimmten Voraussetzungen möglich, sagt Jörg Altmann. Mit Blick auf die rechtlichen Hürden schlägt er Folgendes vor: In einem ersten Schritt könnten Daten zu Gehältern und weiteren Vergütungsbestandteilen erfasst und von einem gutachterähnlichen Ausschuss bewertet werden. Im zweiten Schritt könne dieses Gremium Grenzwerte, sogenannte Gehaltskorridore festlegen, an denen sich die Träger der Wohlfahrtspflege bei der Vergütung orientieren. Da das auch den Trägern nützt, müssten sie ein Interesse daran haben, Daten zur Verfügung zu stellen.

Wie steht die Wohlfahrtsbranche selbst zu dem Ansinnen?

Die Thüringer Awo hat auf die Affäre unter anderem mit einem Wechsel in Spitzenpositionen und der Neuwahl des Landesvorstandes agiert. Zudem beschloss der Vorstand, die Gehälter aller Geschäftsführer künftig in den Jahresabschlüssen der Awo-Gliederungen und -Unternehmen zu veröffentlichen. Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege lehnt ein Transparenzregister ab. Vorsitzender Stefan Werner findet, dass es bereits viele steuerrechtliche Vorschriften und Prüfungen für die Unternehmen der Branche gibt, die einen Missbrauch von Geldern auch für zu hohe Gehaltszahlungen verhindern sollten. Das Register sei ohne erkennbaren Mehrwert und bedeute hohen bürokratischen Aufwand , sagt er.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Ausschuss wird zunächst alle Stellungnahmen intern auswerten. Am Ende könnte ein Kompromisspapier stehen, dass eher auf eine freiwillige Selbstverpflichtung als auf eine Verpflichtung zielt. Frühestens im September könnte es in den Landtag eingebracht werden. „Wir haben damit eine wichtige Diskussion angestoßen“, sagt Ausschussmitglied Denny Möller (SPD).