Eichsfeld. Der Leiter der Kreisvolkshochschule Eichsfeld spricht über Geschichte, Angebote und Herausforderungen. Die Gründungsphilosophie „Bildung für alle“ gilt noch heute.

Sie ist eine Stätte persönlicher Bildung, der Entwicklung geistiger und leiblicher Kräfte und der individuellen Entfaltung – die Volkshochschule (VHS). Sie feiert in diesem Jahr das 100-jährige Bestehen in Thüringen. Denn der Grundstein für die Volkshochschulbewegung in Deutschland wird 1919 im Freistaat gelegt.

Neben dem 100-Jährigen feiert die Kreisvolkshochschule (KVHS) Eichsfeld noch das 70-jährige Bestehen. Denn urkundliche Belege gebe es für eine solche Einrichtung im hiesigen Landkreis erst ab 1948, sagt Leiter André Gödecke.

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Gründung der Weimarer Republik hätte es den dringlichen Wunsch gegeben, Weiterbildungen für alle anzubieten. „Denn die Menschen haben die Diskrepanz zwischen den Gebildeten und weniger Gebildeten gespürt“, sagt André Gödecke. Die Idee sei damals wie heute: Bildung für alle. Den Menschen wird ein Zugang zu Veranstaltungen, Kursen und Lehrgängen ermöglicht.

Doch während der Zeit des Nationalsozialismus wäre eine Gleichschaltung der Volkshochschulen in ganz Deutschland erfolgt. Damit sei die „individuelle Entfaltung“ eines jenes Bürgers nicht mehr gegeben. „Und das war mit Sicherheit nicht im Sinne der Initiatoren“, so der Leiter. Ein weiterer Einschnitt erfolgt nach dem Krieg, nachdem Deutschland in die Besatzungszonen eingeteilt wird. 1946 heißt es von der Sowjetischen Militäradministration, dass auch in der DDR Volkshochschulen gegründet werden. Allerdings seien die Schulen wieder gleichgeschaltet gewesen und in das sozialistische Bildungssystem eingegliedert worden, erzählt André Gödecke. Erst Anfang der 1990er Jahre sei der Ursprungsgedanke nach Bildung und individueller Entfaltung wieder aufgelebt – zumindest in den neuen Bundesländern. Denn auch dann habe es einen Austausch zwischen den verschiedenen Volkshochschulen gegeben. „Ob und inwieweit während der Teilung kommuniziert wurde, kann ich nicht genau sagen.“ Seit der Wiedervereinigung seien die Volkshochschulen unabhängig und unterstünden keiner Partei.

Im Eichsfeld sitzt die Verwaltung in Heiligenstadt und hat auch dort einige Unterrichtsräume. Die Außenstelle befindet sich in Leinefelde. Denn vor der Kreisfusion 1997 habe es in beiden Städten eine VHS gegeben.

André Gödecke betont, dass die hiesige KVHS mehr als „einen Töpfer-Kurs anbietet.“ Es gibt eigentlich sechs Themenschwerpunkte: Politik/Gesellschaft/Umwelt, Kunst/Kultur/Gestalten, Gesundheit, Sprachen, Informatik/Verwaltung/Kaufmännische Praxis sowie die Vorbereitung auf schulische und berufliche Abschlüsse für Nichtschüler. Einen extra Schwerpunkt stellt die Grundbildung dar, dazu gehört unter anderem die Alphabetisierung. Zudem werden Deutschkurse für Flüchtlinge und EU-Bürger angeboten. Besonders stolz ist André Gödecke auf die Beratungsstelle für Bildungsprämien. Das sei ein Förderprogramm, das Arbeitnehmer bei Weiterbildungen finanziell unterstützt.

Die Kreisvolkshochschule bietet etwa 9200 Unterrichtsstunden und 250 Kurse an. Das Angebot wird von rund 2800 Teilnehmern angenommen. Damit ist der Leiter der Einrichtung „zufrieden“. Das Altersspektrum sei dabei breit gefächert – es gebe sowohl Angebote für die jüngeren als auch die älteren Eichsfelder. In dem Zusammenhang nennt André Gödecke die Digitalisierung als eine Herausforderung. Das bezieht er sowohl auf Angebot und Nachfrage, als auch auf digitale Videos. Doch er ist sich sicher, dass ein Präsenzkurs, gerade bei dem Thema Sprachen, eine andere Wirkung habe, als ein Erklärvideo im Internet.

Ein Problem momentan: ein Gesetzentwurf, dass die Kurse mit der Mehrwertsteuer versehen werden. „Dadurch könne es passieren, dass sich nicht mehr jeder die Kurse leisten kann.“ Und das würde ganz klar gegen die Philosophie der Gründer sprechen. Denn ihr Ansinnen ist die Bildung für alle.