Uwe Schotte, Ärztlicher Direktor des Eichsfeld-Klinikums, spricht zur aktuellen Coronavirus-Situation im Landkreis Eichsfeld. Die Klinik ist auf einen eventuellen Ernstfall vorbereitet, mit dem vorhandenen Personal.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) spricht davon, dass auf Deutschland eine Epidemie zukommen könnte. Wie bewerten Sie diese Aussage?

Die Einschätzung von Herrn Spahn, dass Deutschland auf eine Corona-Virus-Epidemie zusteuert, deckt sich mit den Stellungnahmen des Robert-Koch-Institutes. Ich persönlich glaube angesichts der aktuell zunehmenden Infektionszahlen und der größeren Verbreitung über die Bundesländer, dass die Infektionswelle ganz Deutschland betreffen und auch Thüringen und das Eichsfeld nicht auslassen wird.

Bereiten Sie Ihre Mitarbeiter gezielt auf diesen Fall vor?

Aktuell schaffen wir die Voraussetzungen für die Bewältigung eines Infektionsfalles im Kreis des Direktoriums und der Krankenhaushygiene. Wenn alle diesbezüglichen Entscheidungen getroffen sind, werden die Mitarbeiter kommende Woche über die hygienischen Festlegungen und Maßnahmen des Infektionsschutzes informiert. Wir werden sie dann natürlich bezüglich der organisatorischen Abläufe und der hygienischen Handlungsweisen in den einzelnen Arbeitsbereichen schulen.

Ist das Klinikum räumlich und medizinisch vorbereitet?

Wir haben uns entschlossen, als Hauptanlaufpunkt für potenziell infizierte Patienten den Standort Heiligenstadt zu definieren. Dort werden wir eine räumlich geeignete Station zur Isolierstation umfunktionieren und das Personal auf den Einsatz vorbereiten. Bis dahin arbeitet das Personal im regulären Stationsbetrieb und kann bei Bedarf abgezogen werden. Die medizinischen Verbrauchsgüter und Medikamente sowie die fachliche Kompetenz bei Ärzten und Pflegekräften sind vorhanden.

Wie viele Patienten könnten isoliert werden?

Ab sofort stehen uns sechs Isolierbetten im Infektions- oder Ausbruchsfall zur Verfügung, ab Anfang der Woche soll diese Zahl auf bis zu 13 Betten erhöht werden.

Wie schnell kann eine Quarantänestation eingerichtet werden?

Die Station steht ab sofort zur Verfügung. Dabei muss aber erwähnt werden, dass die Quarantäne im eigentlichen Sinn nicht im Krankenhaus, sondern im häuslichen Milieu vorgesehen ist. Die Betten auf unserer Station stehen für Patienten mit nachgewiesener Infektion oder hohen Risikofaktoren und noch laufender diagnostischer Abklärung zur Verfügung.

Wenn jemand erkrankt ist, wie ist der Ablauf?

Nach der stationären Aufnahme wird die Diagnose durch einen virologischen Test gesichert. Danach erfolgt die symptomatische Behandlung, da spezifische Medikamente und Impfstoffe noch nicht zur Verfügung stehen. Die Patienten erhalten ausreichend Flüssigkeit und können sich normal ernähren. Für komplizierte Verläufe steht auf der Intensivstation ein Isolierzimmer mit Beatmungsmöglichkeit zur Verfügung. Bei solchen komplizierten Behandlungen und Hochrisikopatienten würden wir jedoch immer versuchen, den Patienten in ein Infektionszentrum, zum Beispiel Leipzig oder Berlin, zu verlegen.

Hat das Labor die nötigen Kapazitäten für die Tests? Sind denn genug Mitarbeiter und Ausrüstung vorhanden?

Unser Partnerlabor hat den notwendigen Test etabliert, sodass uns dieser an sieben Tagen pro Woche zur Verfügung steht. Es bleibt zwingend zu erwähnen, dass der Test entgegen den wohlklingenden Äußerungen des Bundesgesundheitsministers nicht für alle besorgten Bürger auf Kosten der Krankenkasse zur Verfügung steht. Nach den aktuell vorliegenden Anweisungen übernehmen die Krankenkassen die etwa 150 bis 180 Euro pro Test nur für die Patienten, bei denen Krankheitssymptome und Risikofaktoren für eine Infektion bestehen. Der Test ist nicht als Screening-Verfahren für die gesunde Bevölkerung vorgesehen. Im Krankenhaus kann dieser Test nur im Rahmen der stationären Behandlung erfolgen. Einen Impfstoff gibt es nicht, doch werden Erkrankte symptomatisch behandelt.

Wie ist das Klinikum darauf eingestellt?

Wir sind sowohl bezüglich des medizinischen Personals, aber auch mit geeigneten Medikamenten und Infusionen ausgestattet, um eine symptomatische Therapie auch bei mehreren Patienten gleichzeitig durchführen zu können.

Spielt das Corona-Virus bei den Patientenaufnahmen schon jetzt eine Rolle?

Wir haben bisher keine Patienten mit nachgewiesener Infektion beziehungsweise der Kombination aus Krankheitssymptomen und den geforderten Risikofaktoren. Zur Evaluierung der Risikosituation eines speziellen Patienten steht dem medizinischen Personal ein Flussschema des Robert-Koch-Institutes zur Verfügung, das von ihm zuletzt am 26. Februar an die aktuelle epidemiologische Realität angepasst wurde.

Gibt es besondere Maßnahmen in der Notfallambulanz?

Ziel unserer Organisation ist es, dass Patienten mit einem Infektionsverdacht nicht unkontrolliert in die Notfallambulanz kommen und während einer Wartezeit zur potenziellen Infektionsquelle werden. Daher werden wir versuchen, alle Patienten (möglichst nach telefonischer Voranmeldung) primär vom Eingang des St.-Vincenz-Krankenhauses in Heiligenstadt direkt zur Infektionsstation zu leiten. Die Bevölkerung des Landkreises und der Rettungsdienst werden gebeten, bei einem Verdacht auf eine Corona-Infektion zunächst über die Hotline 036076/993280 Kontakt zu uns aufzunehmen. Sie werden dann bei Erfüllung der Risikokriterien zur weiteren Abklärung an die Infektionsstation in Heiligenstadt vermittelt und dort sowohl auf der Station, an der Informationszentrale als auch bei der Krankenhaushygiene vorangemeldet.

Kann das Pflegepersonal aufgestockt werden?

Die Möglichkeiten, zusätzliches Personal einzusetzen, sind durch die Situation insbesondere im pflegerischen Dienst erheblich eingeschränkt. Daher muss das notwendige Pflegepersonal von anderen Stationen abgezogen werden. Dies kann zu Einschränkungen in der elektiven medizinischen Versorgung führen. Unser Ziel ist es, die Notfallversorgung aller Fachgebiete aufrecht zu erhalten.

Gibt es schon Verdachtsfälle im Eichsfeld?

Bisher gibt es keine durch ausreichende Risikofaktoren gesicherte Verdachtsfälle und auch keine gesicherten Infektionsfälle im Eichsfeld-Klinikum.