Brühlervorstadt. Freundeskreis der Cyriak-Kapelle bereitet Ausstellung zum Bauhaus-Jubiläums vor. Kirchbautag erstmals wieder in Erfurt

Selbst an die Marke des fahrbaren Untersatzes von Schwester Hertha Meyer kann sich Renate Menge noch erinnern: „KR 50“, der Vorgänger der in Suhl gefertigten „Schwalbe“. Die seit wenigen Jahren am Rande der Lüneburger Heide lebende 71-Jährige weilt mindestens vier Mal im Jahr in ihrem Geburtsort Erfurt und schwärmt noch heute von der überaus tüchtigen Gemeindeschwester, die bis 1975 für die Cyriaksiedlung und den Bereich bis zum Peterborn zuständig war, sowohl als Krankenschwester als auch als Gemeindepädagogin, wie es heute hieße. Renate Menge, eine so genannte Schleppheimerin, nahm gemeinsam mit vier, fünf weiteren Kindern bei Schwester Hertha am Vorkonfirmanden-Unterricht teil.

Schleppheimer wurden übrigens die Bewohner der Cyriaksiedlung gern genannt, die bis zur Einrichtung der Straßenbahnhaltestelle an der IGA 1961 je noch so geringe Kleinigkeit aus der Stadt heranschleppen mussten.

Als „lieber Gott auf Rädern“ wurde die Gemeindeschwester zuweilen ein wenig respektlos von Jüngeren oder Älteren bezeichnet, denn vor dem Kleinroller besaß sie schon ein Fahrrad mit Hilfsmotor, um zu ihren Klienten zu gelangen, die keineswegs nur aus christlichen Kreisen kamen.

Wie auch Stefan Börner aus dem ehrenamtlichen Cyriak-Kreis bestätigt, lebt die Erinnerung an Schwester Hertha noch heute im Gedächtnis vieler Erfurter. Traf er doch mehrfach auf Menschen, die beim Besichtigen der zur evangelischen Predigergemeinde gehörenden Kapelle von der Christenlehre erzählten oder davon, dass sie in der Kapelle heirateten und tags zuvor das Podest unter dem Altar bohnern mussten.

Solche Anekdoten tauchen immer wieder auf, dabei sprießen vielleicht weitere Ideen für eine große Ausstellung im Bauhausjahr. Dabei bietet sich, so wie bei den offenen Sonntagen im Sommer, zugleich Gelegenheit, einen Blick in Teile jener Ausstellung zu werfen, die 2009 anlässlich des Jubiläums 90 Jahre Bauhaus in der Cyriak-Kapelle erarbeitet wurde.

Zwar ist das kleine Gotteshaus nach dem Entwurf von Otto Bartning aus dem Serienkirchen-Folgeprogramm der so genannten „Bartning-Notkirchen“ kein Bauhausprojekt, wäre aber ohne die nunmehr 100-jährige Bauhaustradition nicht denkbar. Gründete doch der Architekt und Baumeister 1926 mit der „Bauhochschule“ die Nachfolgeeinrichtung des 1. Bauhauses in Weimar, als Gropius mit dem Bauhaus nach Dessau gegangen war.

Dem großen Jubiläum will sich die Predigergemeinde mit ihrem ehrenamtlichen Cyriak-Kreis im Sommer unter Fedefrührung der in Berlin ansässigen „Otto-Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau“ anschließen. „Kirche(n) und Bauhaus.

Eine Spurensuche“ soll die als Wanderausstellung konzipierte Exposition überschrieben sein, die vom 24. August bis 22. September in Erfurt zu sehen sein wird. Vernissage ist am 23. August.

Wie inzwischen bekannt wurde, gibt es erstmals nach 65 Jahren wieder einen Evangelischen Kirchbautag in Erfurt. Zu der Tagung vom 19. bis 22. September einschließlich einer Exkursion der Teilnehmer nach Cyriak werden 600 Gäste, Architekten, Künstler, Theologen und Laien aus dem In- und Ausland zum Thema »Aufgeschlossen – Kirche als Öffentlicher Raum« erwartet.

Offiziell wurde der Evangelische Kirchbautag 1949 auf Vorschlag von Otto Bartning und Oskar Söhngen, dem damaligen Vizepräsidenten der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union, gegründet.