Erfurt. Unter dem Motto „Vorsicht Demokratie!“ diskutierten gestern 120 Jugendliche, welche Themen sie vor der Wahl bewegen

Legalisierung von Cannabis, Umgang mit der AfD und Klimaschutz – diese drei Themen waren gestern beim so genannten Barcamp „Vorsicht, Demokratie!“ am beliebtesten. 120 Jugendliche aus ganz Thüringen sind in den Landtag gekommen, um darüber zu diskutieren, welche Themen die Jugendlichen vor der anstehenden Landtagswahl am meisten bewegen. Organisiert hat die Veranstaltung die „Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung“ (LKJ) Thüringen.

Das Besondere dabei? Das Format. Ein Barcamp, oder auf deutsch „Unkonferenz“. „Der Tag ist ungeplant geplant“, erklärt Maja Kant vom LKJ Thüringen. Thematisch geben sie nichts vor. Am Beginn des Tages schlagen die Jugendlichen selbst Punkte vor, über die sie diskutieren wollen. Anschließend wird dann mit Klebepunkten darüber abgestimmt, welche zehn Themen diskutiert werden. „Das ist ein Stück weit gelebte Demokratie“, findet Organisator Toni Lütgenau.

Erprobt haben er und seine Kollegin Maja Kant das Format in den letzten zwei Jahren intensiv. Über 40 Barcamps haben sie in ganz Thüringen in Jugendclubs, Schulen oder auch Museen veranstaltet und mit über 2000 Jugendlichen diskutiert. Ziel war es, in dem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt zweimal gewesen zu sein. Das Feedback sei durchweg positiv gewesen. „Uns ist es wichtig, die Jugendlichen wirklich ernst zu nehmen, sie sind keine Staatsbürger light“, erzählt Maja Kant.

Das Barcamp im Landtag ist der Höhepunkt der letzten zwei Jahre. Einige der Teilnehmer waren schon bei einem der letzten Barcamps, für andere ist die Idee neu. „Ich kenne das Format noch nicht, würde aber gerne darüber diskutieren, warum es immer noch so viele Gehaltsunterschiede zwischen Ost und West gibt“, erzählt die 18-jährige Leonie aus Gotha.

Bevor es für die Jugendlichen ans Diskutieren ging, gab als Themeninspiration eine kurze Podiumsdiskussion mit den jugendpolitischen Sprechern der Landtagsparteien. Toni Lütgenau und Maja Kant brachten dabei Themen zur Sprache, die in den letzten zwei Jahren am häufigsten diskutiert wurden – von Uploadfiltern bis zur Mobilität im ländlichen Raum. Bei der „Session-Planung“ durften die Jugendlichen anschließend ihre Vorschläge einbringen. Unzählige Themen von der Rettung von Flüchtlingsbooten im Mittelmeer bis zu psychischen Problemen in der Schule oder Massentierhaltung kamen zusammen.

Über die „Top-Ten“ wurde dann den restlichen Tag diskutiert. Neben Massentierhaltung, Tempolimit oder kostenlosem Nahverkehr beispielsweise auch darüber, wie man mit der AfD umgehen sollte. Der LKJ hatte entschieden, sie nicht zur Podiumsdiskussion am Beginn des Barcamps einzuladen.

Nach drei Stunden Diskussionen präsentierten sich die Jugendlichen gegenseitig ihre Ergebnisse, auch einige Landtagspolitiker waren dabei und hörten sich an, was die Jugendlichen von ihnen fordern.

Für Toni Lütgenau und Maja Kant, die beide ja nicht nur Barcamps organisieren, sondern in Erfurt studieren oder promovieren, geht mit dem Finale gestern eine intensive Zeit zu Ende.

Wenn es nach ihnen geht, soll es eine Fortsetzung geben, denn die Barcamps sind für sie längst zum Herzensprojekt geworden. Bisher konnten sie auf eine Förderung des Innovationsfonds des Familienministeriums bauen. Nun hoffen sie, schnell genügend neue Förderer zu finden.