Erfurt. Wiener Lichtkünstlerin zu Gast bei Nachwuchstagung zur Raum-Zeit-Forschung der Universität Erfurt

Die Leipziger Nicolaikirche als Ausgangspunkt der legendären Montagsdemonstrationen im Herbst ’89, der Innenstadtring sowie die „Ohrenburg“, die einstige Stasi-Zentrale in der Messestadt, gehören zu den Objekten, denen Victoria Coeln mit ihrer Lichtkunst ein völlig neues Erinnerungs-Empfinden verleiht. Lichtfragmente und farbige Schatten, Einschnitte und Raster schaffen ein imaginäres Webmuster, bei der sich der dreidimensionale Raum schließlich mithilfe der Chromografie in ein zweidimensionales Abbild verwandelt.

Mit ihren Schöpfungen befindet sich die Wiener Künstlerin derzeit auf dem Weg zum Leipziger Lichtfest rund um den 9. Oktober, das an den Herbst vor 30 Jahren erinnert. An authentischem Ort, nämlich der Gedenkstätte des Widerstands in der DDR in der Andreasstraße, dem früheren Erfurter Stasi-Gefängnis, präsentierte Victoria Coeln am Freitagabend ihre Arbeiten vor Teilnehmern eines Workshops von Nachwuchswissenschaftlern – derzeitige Doktoranden – aus Erfurt, Halle und Weimar. Literaturwissenschaftler, Historiker der Frühen Neuzeit und des Altertums sowie Philosophen durften den Erläuterungen der international bekannten Lichtkünstlerin folgen und ihre zauberhaft verfremdeten Sujets unter dem Thema „Chromotopia“ bewundern.

Der Workshop samt Vortrag von Victoria Ceoln gehörte laut Katharina Waldner zum aktuellen Tagungsprogramm der seit 2011 bestehenden Gruppe der Erfurter Raum-Zeit-Forschung an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt. Die Religionswissenschaftlerin organisierte gemeinsam mit ihren Kolleginnen Susanne Rau (Geschichte der Frühen Neuzeit) und Bärbel Frischmann (Geschichte der Philosophie) die Tagung „Neue Forschungen zu Räumlichkeit und Zeitlichkeit“, zu der sich die Teilnehmer am Donnerstag und Freitag auf dem Campus der Universität Erfurt sowie im Augustinerkloster einfanden. Die Referenten stellten unter anderem ihre Forschungsergebnisse zu Lernen im Alter, zu Reflexionen über Martin Heideggers Seins-Geschichte, über Jesuitenmissionare auf der Schwelle nach Übersee 1660 bis 1760, zu Protestbewegungen in China und Deutschland aus globaler Perspektive sowie über das Bauhaus als Bühne in Raum und Zeit vor.

Der Workshop, verbunden mit Victoria Coelns künstlerischer Auseinandersetzung zu Räumlichkeit und Zeitlichkeit, wurde gefördert von der Forschungsförderung und dem Dekanat der Philosophischen Fakultät der Uni Erfurt. Zu Beginn der Abschlussveranstaltung reichte Susanne Rau den mit 2500 Euro dotierten Bachtin-Lefebvre-Wissenschafts-Preis an Clara Maddalena Frysztacka für ihre Forschungen zu populärwissenschaftlichen Zeit-Schriften der polnischen Wochenpresse aus. Der Preis wurde gestiftet von der Wissenschaftsförderung gemeinnützige GmbH Erfurt.