Schauspieler Winfried Glatzeder hält Lesung in Bad Tabarz

Wieland Fischer
| Lesedauer: 3 Minuten
Schauspiellegende Winfried Glatzeder spart bei seiner Lesung in der Kukuna Bad Tabarz nicht mit Mimik und Gestik

Schauspiellegende Winfried Glatzeder spart bei seiner Lesung in der Kukuna Bad Tabarz nicht mit Mimik und Gestik

Foto: Wieland Fischer

Bad Tabarz.  Schauspiellegende Winfried Glatzeder unterhält mit Lesung in der Kukuna Bad Tabarz das Publikum aufs Beste.

Paul lässt Winfried Glatzeder nicht los. Das will der Schauspieler auch gar nicht. „Paul und ich“ ist seine Autobiografie überschrieben. Mit dem Buch und Puhdys-Begleithit „Wenn ein Mensch lebt“ betritt der fast 78-Jährige die Bühne der Kukuna in Bad Tabarz, um daraus vorzulesen – frisch und frei, fast so jungenhaft wie anno 1973, als der Defa-Kultfilm in die Kinos kam: mit gestreiftem T-Shirt, Lederjacke und jugendlich wirkender Mähne. Die Locken sind inzwischen allerdings ergraut.

Kokettieren mit den Unbilden des Alters

Die Knie wollen auch nicht mehr wie damals. Inzwischen kokettiert der einstige Schlacks mit Bauchansatz, Hosenträgern (die zeigt er unumwunden) sowie weiteren Unbilden des Alters. Mit seinen Lebensgeschichten unterhält Winfried Glatzeder das Publikum im Saal aufs Beste.

Nur fotografieren lassen möchte er sich nicht von jedermann. Schließlich gibt es ja sein Buch und Fotografien aus jüngeren Tagen, sogar er als Model, als bleibende Erinnerung an eine lebende Schauspielerlegende.

Wieder einmal ist es den Kukuna-Machern um Kurchef Marcel Wedow gelungen, mit Winfried Glatzeder einen Prominenten der großen, weiten deutschen Film- und Fernsehwelt nach Bad Tabarz zu holen. Glatzeder wird seinem Ruf gerecht, einer der beliebtesten Schauspieler hierzulande zu sein.

Er deklamiert Shakespeare-Verse aus „Wie es euch gefällt“ aus legendärer Berliner Volksbühne-Zeit mit Benno Besson aus dem Stegreif und kann schier unablässige Anekdoten aus dem Privat-, Theater- und Filmleben erzählen, selbst aus frühesten Kindertagen, mit denen auch Lesung und Autobiografie beginnen.

Bemerkenswert sind seine geistige Frische und sein Agieren trotz Altersbeschwerden auf der Bühne. Glatzeder erzählt, wie er zum Ruf „Belmondo des Ostens“ kam: nach einer King-Lear-Aufführung – allerdings nicht als Schauspieler, sondern als jugendlicher Zuschauer, durch einem Faustschlag, weil er einem anderen seinen Sitzplatz im Parkett nicht geben wollte und die anschließende Nasen-OP schiefging. Den King Lear wolle er nicht mehr spielen: „Das ist so real, dass Kinder den alten Mann in die Wüste schicken.“

Eine Enttäuschung verbindet Glatzeder mit seiner ersten Filmrolle in „Zeit der Störche“ (1970) an der Seite von Heidemarie Wenzel. Mit der Defa-Schönen werde er Spaß haben, habe er damals gedacht. Sie habe aber Regisseur Siegfried Kühn schöne Augen gemacht. „Das war mein erster Traum, der sich nicht erfüllt hat“, gesteht er.

Bemerkenswert ist, dass trotz des bewegten Schauspieler-Lebens seine Ehe mit Marion seit mehr als 50 Jahren hält. Worin das Geheimnis besteht, verrät Glatzeder nicht. Es hat ihn an dem Abend auch niemand danach gefragt. Ansonsten hätte er es bestimmt erzählt.

Fast drei Stunden bereitet Glatzeder dem Publikum einen vergnüglichen wie kurzweiligen Abend, auch werbend für sein Buch. Die „ganzen Gemeinheiten“ und die Liebesgeschichte rund um „Paul und Paula“ spart er aber aus, um die Neugier aufrechtzuerhalten. Dafür trinkt er zu jedem passenden Stichwort ein Schlückchen Rotwein – Lebenselixier und Schauspielerei zugleich.