Erfurt. Thüringens größter Billardverein verliert sein Vereinsheim und steht, wie damit auch der Verband, vor einer ungewissen Zukunft.

Die ersten Kisten werden schon gepackt. Ob und wo sie wieder ausgepackt werden, ist unklar. Beim 1. Poolbillardclub (PBC) Erfurt herrscht Aufbruchstimmung, jedoch der negativen, weil ungewollten Art. Kurz nach Weihnachten erhielten sie die Nachricht, dass sie aus der Alten Parteischule, wo sie seit 2014 ihr Vereinsheim haben, ausziehen müssen. Ende März muss alles geräumt sein, dann bezieht der Zoll dort, wo derzeit noch fünf große Billard- und vier noch größere Snookertische stehen, sein Domizil.

„Das traf uns überraschend. Jetzt suchen wir so schnell wie möglich nach einer Alternative, sonst droht uns das Aus“, beschreibt PBC-Vizepräsident Sven Grünewald die kritische Situation.

Da die Thüringer Vereinslandschaft im Billard keine besonders üppige ist, stünde der Sport laut Grünewald als solcher im Freistaat auf der Kippe, sollte es für den PBC nicht weitergehen. Denn Erfurts Traditionsverein stellt etwa ein Drittel der Spieler und Teams im Spielbetrieb auf Landesebene und – bisher – das größte und einzige höheren Ansprüchen genügende Vereinsheim. Folglich wurden hier in den letzten Jahren fast alle wichtigen Meisterschaften ausgetragen.

Trotz Pandemie neue Mitglieder

46 Mitglieder hat der Verein, in sechs Mannschaften wird beim PBC im Wettkampfbetrieb Poolbillard oder Snooker gespielt. Die erste Snookermannschaft schaffte im September sogar den Aufstieg in die zweite Bundesliga. Im Gegensatz zu den meisten Vereinen kann der PBC auf einen stetigen Mitgliederzuwachs und eine funktionierende Nachwuchsarbeit verweisen. Sogar im Pandemiejahr 2020 kamen drei junge Billardinteressierte hinzu.

Das Standing, das sich der PBC seit seiner Gründung vor 24 Jahren erarbeitet hat, könnte ihm jetzt bei der Suche nach einer neuen Bleibe weiterhelfen. „Wir sind mit der Landesregierung im Austausch, man versucht, eine Lösung zu finden. Auch bei der Stadt haben wir angefragt“, sagt Grünewald.

Doch einfach wird es nicht, eine Räumlichkeit mit rund 400 Quadratmetern Größe zu einer erschwinglichen Miete zu finden, das ausreichend Parkmöglichkeiten bietet und baulich für die tonnenschweren Spieltische geeignet ist. Eventuell hat der bisherige Vermieter ein passendes Ausweichobjekt parat.

„Aber dort wäre wohl nicht für alle Tische Platz und die Parksituation ist schlecht, ein weiterer Mitgliederzuwachs wäre ausgeschlossen“, schränkt Grünewald ein.

Umzug würde langwieriger Kraftakt

Auch wenn sie noch nicht wissen, wohin sie ihr zweiter Umzug in der Vereinsgeschichte führen wird – die Vorbereitungen dafür müssen jetzt schon beginnen. Das liegt nicht zuletzt auch am Lockdown. Denn da sich aktuell maximal zwei Personen treffen dürfen, werden das Kistenpacken, der Abbau der Tische, das Ver- und Entladen und der Neuaufbau deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wenn mehrere Hände gemeinsam anpacken könnten.

Doch am Ende ist das für die Vereinsmitglieder zweitrangig. Hauptsache es geht weiter, für sie und ihren geliebten Billardsport, in Erfurt und in Thüringen.