Heiligenstadt. Der Fußball-Schiedsrichter ist und bleibt wichtig, wird weiter für die zahlreichen Spiele an jedem Wochenende dringen auf den Plätzen benötigt.

Besonders in der jüngeren Vergangenheit stehen sie immer wieder im Mittelpunkt, sehen sich oftmals heftiger Kritik ausgesetzt und müssen Schimpftiraden, persönliche Beleidigungen sowie in Ausnahmefällen sogar körperliche Attacken ertragen. Dennoch sind sie unverzichtbar bei den zahlreichen Fußballspielen an den Wochenenden von der ersten Bundesliga bis zu den Kreisklassen. Aber gibt es in den Sportkreisen (noch) genügend Unparteiische, um die Begegnungen entsprechend zu besetzen sowie für einen organisierten Ablauf zu sorgen und verspüren Jugendliche noch den Wunsch, Sonntag für Sonntag Partien auf den Sportplätzen zu leiten?

„Wir verfügen momentan über 152 aktive Schiedsrichter“, erklärt der Lehrwart und stellvertretende Vorsitzende Ralf Schwethelm vom Schiedsrichter-Ausschuss Eichsfeld/Unstrut-Hainich. Zehn von ihnen sind über Kreisniveau von der Landesklasse bis zur Regionalliga im Einsatz, Ralf Wickert (Teistungen), Marius Hartmann (Weißenborn-Lüderode) und Jörg Gunstheim (Ammern) fungieren ausschließlich als Schiedsrichter-Beobachter. Somit stehen für die Partien der Männer und des Nachwuchses auf Kreisebene 142 Referees zur Verfügung. „Wir benötigen an jedem Wochenende weit über 100 Schiedsrichter und Linienrichter“, informiert der 29-Jährige. Sie werden im Landkreis Eichsfeld vom Vorsitzenden Armin Stollberg und im Unstrut-Hainich-Kreis von Martin Ritter angesetzt. Glücklich sind die Verantwortliche darüber, dass sie in der Kreisliga noch Gespanne ansetzen können, was in einigen Regionen wie im Fußballkreis Westthüringen nicht möglich ist. Dennoch fallen ständig Schiedsrichter und Assistenten aufgrund von Krankheiten sowie anderer Hobbies und Interessen aus. Daher stehen die beiden Ansetzer immer wieder vor dem Problem, alle Begegnungen ordnungsgemäß mit Unparteiischen zu besetzen.

„Das ist oftmals nur möglich, weil einige äußerst engagierte Kollegen bis zu drei Ansetzungen am Wochenende übernehmen“, berichtet der Wingeröder und nennt dabei vor allem ältere und erfahrene Referees mit einem großen Verantwortungsbewusstsein für die Situation. So seien manche Kollegen den ganzen Sonntag unterwegs, leiten morgens Spiele in der Junioren-Verbandsliga und sind danach als Linienrichter in der Landesklasse und Verbandsliga aktiv. „Diese Kameraden stützen das gesamte Schiedsrichterwesen, sichern den Spielbetrieb und benötigen ausreichend Kondition, um bei zwei Einsätzen in Folge die notwendige Konzentration bis zum Abpfiff hochzuhalten“, bemerkt Schwethelm, der selbst Partien bis zur Verbandsliga leitet.

Um Schiedsrichter-Nachwuchs und Quereinsteiger zu bekommen, bietet der Schiedsrichter-Ausschuss unter Leitung von Ralf Schwethelm in der Saison zwei Anwärter-Lehrgänge an. Einer geht über drei Ausbildungstage und beginnt am heutigen Samstag in Mühlhausen, gilt auch für weibliche Interessierte. „Besonders feminine Referees haben bei guten physischen Voraussetzungen sowie einem ausgeprägten Gespür für das Hantieren auf dem Spielfeld die Möglichkeit, schnell nach oben zu kommen“, erzählt der Mitarbeiter bei den Eichsfeldwerken in Heiligenstadt. Momentan sind vier Schiedsrichterinnen im hiesigen Fußballkreis im Einsatz. 18 Anmeldungen hat Schwethelm für seinen aktuellen Ausbildungs-Lehrgang. In den vergangenen vier Jahren wurden über 100 junge Schiedsrichter für ihre Aufgabe vorbereitet. „Aber bereits etwa 50 Prozent haben nach einem bis zwei Jahren wieder aufgehört“, betont Schwethelm, nennt als Gründe unter anderem falsche Vorstellungen, negative Erfahrungen bei den Spielleitungen sowie Überforderungen. Dabei bedauert er es, dass gerade junge Referees mit 14, 15 oder 16 Jahren oft von übermotivierten Eltern sowie Betreuern und Jugendtrainern bei Nachwuchsspielen starke unter Druck gesetzt werden und bei Wiederholungen oft resignieren und aufgeben. Dem versuchen die Verantwortlichen entgegenzusteuern durch sogenannte Paten – erfahrene Schiedsrichter –, die bei den ersten drei Einsätzen die Jungschiedsrichter begleiten und unterstützen.

Schwethelm sieht einige persönliche Vorteile in der Ausübung des Ehrenamtes als „23. Mann oder Frau“, spricht von der Stärkung der Persönlichkeitsentwicklung durch schnelles Treffen von Entscheidungen sowie Diskussionen mit Trainern und Spielern. Und dem sich Einstellen auf die unterschiedlichsten Typen. „Das stärkt den Charakter und hilft auch in anderen Bereichen des täglichen Lebens“, sagt der Lehrwart und stellt außerdem noch die sportliche Eigenbetätigung des Unparteiischen heraus und erwähnt den freien Eintritt bei Partien bis zur ersten Bundesliga. Daneben entwickeln sich über Jahre auch Freundschaften und Bekanntschaften der Schiedsrichter unter anderem durch lange Fahrten, besteht ein guter Zusammenhalt der Referees auch über die Kreisgrenzen hinaus.

Obwohl die verbale Kritik durch Trainer, Übungsleiter, Betreuer und Spieler an seiner Zunft in den vergangenen Jahren erheblich zunahm und es kein Patentrezept für ihre Bewältigung gibt – der DFB versucht es zur Zeit im Profibereich mit – persönlichen Strafen durch gelbe und rote Karten – denkt Ralf Schwethelm positiv und hofft auf neue Kollegen auch an diesem und dem nächsten Wochenende beim Anwärter-Lehrgang.