Steffen Eß über sportliche Vorsätze im neuen Jahr

Nehmen Sie noch das Rad für die kurzen täglichen Wege? Starten Sie noch auf Yoga-Art mit einem Sonnengruß in den Tag? Gehen Sie noch zweimal nach draußen, um den Müll wegzubringen und die Post aus dem Briefkasten mitzunehmen? Was ist mit dem extra Wochenspaziergang? Der Laufrunde? Dem Heimtrainer? Sind Sie noch dran an dem, was das neue Jahr alles bewegter machen sollte?

Nein? Keine Bange, alles in Ordnung. Zwei Drittel, heißt es, halten ihre zum Jahreswechsel gefassten Vorsätze nicht mal bis Ende Januar durch. Oder wohlwollender formuliert: Wer es bis jetzt geschafft hat, dranzubleiben, liegt schon mal ganz gut.

Weniger Fleisch essen, mehr Zeit für Partner, Freunde und Familie, die ungesunden Gewohnheiten ablegen, eine Fremdsprache lernen, den Wänden einen neuen Anstrich verleihen, mehr unternehmen. Und überhaupt: wieder aktiver sein. Was so ständig wiederkommend klingt wie Ideen aus dem Rollcontainer soll alle Jahre wieder alles etwas besser machen. Insbesondere das Spiegelbild, das sich in den zurückliegenden zwölf Monaten irgendwie ein Stück vom Ideal entfernt hat.

Gut ein Drittel der Menschen nimmt sich schätzungsweise jedes Jahr vor, ab Januar etwas zu ändern. Mehr Sport zu treiben liegt dabei ganz weit vorn. Schön für die Industrie. Dank Corona erlebt der Verkauf von Heimsportgeräten seit vergangenem Frühjahr ohnehin einen Boom. Und sie lebt von den großen und kleinen Vorsätzen.

Kaum ein Prospekt, in dem einem nicht alle Jahre wieder zum Start die neuesten Fitnessgeräte, Helfer und die entsprechende Kleidung dazu schmackhaft präsentiert werden. Die Wirtschaft weiß schon, wie der Mensch tickt.

Mit dem einen oder anderen Kniff soll es gelingen, länger an den zum Jahresende gefassten Vorhaben dranzubleiben. Psychologen raten, sich kleine Ziele zu setzen. Nach dem Motto: Besser hundert Dinge um ein Prozent verbessern als eine Sache um hundert Prozent. Und es wird empfohlen, diese Schritte so klar wie möglich zu formulieren anstatt sich unpräzise Ergebnisse vorzunehmen. Ein gesunder Pragmatismus wäre hilfreich.

Lieber einmal die Woche die Sportschuhe anziehen und daran festhalten, als dreimal wöchentlich trainieren zu wollen und nach 14 Tagen aufzuhören, weil es beim ersten Mal nur zu einer Einheit gereicht hat. Die Kunst der kleinen Schritte, auch für den Kopf.

Die Fitnesszentren, die Jahr für Jahr einen Ansturm im Januar erleben, sind zum Leidwesen vieler gerade geschlossen. Auch sonst lässt Corona keine Bewegung in Gruppen zu. Doch eröffnet die Pandemie auch Möglichkeiten.

Wer sich schon immer mal den Rennsteiglauf unter die Füße nehmen wollte, der bekäme durch die Verschiebung in diesem Jahr von Mai auf den 2./3. Oktober sogar mehr Zeit zur Vorbereitung. Für einen Marathon oder Supermarathon wohl immer noch zu wenig Vorlauf. Doch gibt es noch den Halbmarathon, den Walking-Wettbewerb und zig andere Sportereignisse an anderen Orten, die 2021 trotz noch größerer Sorgen als im Vorjahr auf Beteiligung hoffen.

Und die mehr als 3000 Sportvereine in Thüringen werden über jeden froh, der sich gerade jetzt anschließt, um den wohl zu erwartenden Mitgliederschwund etwas auszugleichen.

Auch wenn das Sportleben coronabedingt von Altenburg bis Eisenach und von Nordhausen bis Sonneberg stillsteht und sich der eine oder andere Termin im Laufe des Jahres wohl ändern wird, der nächste Lauf kommt gewiss.

Mehr noch: In 86 Tagen beginnt in Erfurt die Bundesgartenschau. Vom 23. April bis 10. Oktober verspricht das Programm täglich Sport von Aerobic bis Zumba. Und überhaupt: Thüringer Freiwasser-Cup im Langstreckenschwimmen, Paradies- oder Erfurt-Triathlon, für Hobby-Radsportler das Schleizer Dreieck-Rennen für jedermann, Nachtlauf in Erfurt, Getting Tough in Oberhof und Rudolstadt, Legend of Cross in Mühlberg, Südthüringentrail in Suhl. Auch 2021 bewegt sich was.

Für gute Vorsätze gibt es ohnehin keinen besseren Zeitpunkt zu beginnen als jetzt.