Axel Lukacsek über Trikotwerbung, die immer wieder die Gemüter erhitzt.

Käse, Kiffen, Camping, stand irgendwo einmal zu lesen, seien wohl die gängigsten Klischees, die über die Holländer immer wieder erzählt werden. Dabei geht es durchaus auch würdevoll zu zwischen Amsterdam und Groningen. Der Fußball-Verband unseres Nachbarlandes trägt das sogar in seinem Namen zur Schau. Königlicher Niederländischer Fußballbund nennt sich die 1889 gegründete Vereinigung, die nach wie vor keinen Spaß versteht, wenn sie die guten Sitten bedroht sieht.

Der FC Emmen nämlich hatte zu früh frohlockt, endlich einen neuen Hauptgeldgeber gefunden zu haben. Mit dem Sexspielzeug-Händler „Easy Toys“ auf dem Trikot wollten die Erstliga-Kicker nun auch auf dem grünen Rasen ihren Spaß haben. Aber den holländischen Fußball-Funktionären war jener Coup einfach nur eine geschmackliche Entgleisung – und verbot die Werbung.

„Easy Toys“ jedenfalls ist trotzdem schon jetzt in aller Munde – auch ohne Logo auf der Brust des FC Emmen. Moralische Diskussionen wie aus einem früheren Jahrhundert gab es um die Trikotwerbung aber schon vor mehr als 50 Jahren. In der Saison 1967/68 suchte Wormatia Worms händeringend nach einem neuen Geldgeber. Als der finanziell klamme Klub für drei Spiele mit dem Schriftzug „CAT“ des Baumaschinenherstellers Caterpillar auflief, flammte eine aus heutiger Sicht recht merkwürdige Debatte auf.

Der Verein habe einen nicht gerade sympathischen Schritt hin zur weiteren Kommerzialisierung unternommen, hieß es. Mit dem Hinweis auf das Ansehen des Fußballs schritt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zur Tat – und sprach ein Verbot für Trikotwerbung aus.

Aber gerade jene Reglementierung wusste später ein gewisser Kräuterlikör-Hersteller für sich zu nutzen. Eintracht Braunschweig wollte mit Jägermeister auf der Brust in der Bundesliga auflaufen, was nun freilich verboten war. 1973 aber bediente man sich eines Tricks und tauschte im Klubemblem kurzerhand den Löwen mit dem Jägermeister-Firmenlogo. Allein der öffentliche Streit mit dem DFB sorgte beim Unternehmen für kräftige Zuwachsraten. Ein paar Monate später beschloss der Verband schließlich das Verbot aufzuheben. Braunschweig hatte den Fußball revolutioniert. Nur die Diskussionen endeten nicht.

Einst gab der FC Homburg ordentlich Gummi – mit Kondomwerbung. Weil der damalige Bundesligist einen Werbedeal mit der London Rubber Company abgeschlossen hatte, tobte der DFB. Er drohte mit Punktabzug und brummte dem Verein eine Strafe von 100.000 Mark auf. Die Saarländer mussten den Schriftzug zeitweise mit einem schwarzen Balken bedecken. Aber die Aufmerksamkeit wurde dadurch nur noch größer. Im Februar 1989 entschied das Landgericht Frankfurt, dass die Kondomwerbung keineswegs gegen Sitte und Moral verstoße.

Längst kann kein Fußballklub mehr ohne Werbung auf den Hemden auskommen. Die Summen sind inzwischen gigantisch. Während Eintracht Braunschweig damals von Jägermeister-Chef Günter Mast genau 100.000 Mark überwiesen bekam, fließen in dieser Saison zum Beispiel vom Volkswagen-Konzern schlappe 70 Millionen Euro an den VfL Wolfsburg.

Aber vielleicht ist das Investment der Unternehmen gar nicht so ergiebig. Die Sporthochschule Köln hat vor ein paar Jahren die Wirkung der Werbung im Sport analysiert – und man war erstaunt. Wenn bei einem Spiel die Bande oder das Trikot auf dem Bildschirm 100 Sekunden zu sehen sind, blicken die Zuschauer im Schnitt dort nur drei Sekunden hin. Ansonsten hatten sie, so die Studie, den Ball im Auge.

Beim FC Emmen haben nun die Fans auch das Trikot im Blick. Der Klub spielte zuletzt zwar ohne Werbung auf der Brust, aber ließ dennoch neue Spielkleidung mit dem Schriftzug von „Easy Toys“ herstellen. Während man sonst in einer Saison etwa 2000 Hemden für 60 Euro pro Stück als Fanartikel verkaufte, gingen in nur wenigen Tagen schon 1200 Jerseys über den Ladentisch, dem niederländischen Verband zum Trotz. Den Verkauf hatte schließlich niemand verboten. So geht Marketing.