Jena. Der Thüringer Profi fliegt am Sonntag nach Lanzarote ins Trainingslager. Im Interview lässt er das Jahr 2020 Revue passieren

Am Sonntag fliegt Profi-Triathlet Christian Altstadt (33) nach Lanzarote ins Trainingslager. Im Interview lässt er noch einmal das Jahr 2020 Revue passieren – unter anderem musste er sich an das Ministerium für Bildung und Sport während des zweiten Lockdowns wenden, um in Gänze trainieren zu können. Außerdem spricht er über seine Ziele für das neue Jahr, seine Gedanken und Gefühle kurz vor der Reise in Zeiten von Corona und über das letzte Buch, das er gelesen hat.

Sie sind am Donnerstag beizeiten aufgestanden?

Ja, ich musste für meinen Corona-Test in ein Labor nach Göschwitz, sieben Uhr musste ich da sein. Den benötige ich ja, wenn ich am Sonntag für das Trainingslager nach Lanzarote fliege.

Ihr letzter Ausflug nach Spanien endete ja eher abrupt.

Oh ja, ich war im März 2020 im Trainingslager auf Mallorca – und da haben sich dann plötzlich die Ereignisse überschlagen. Am 15. März kam ich nach einer Einheit mit dem Rad wieder ins Hotel, da erzählte mir mein Trainer, dass auf Mallorca alle Hotels geschlossen werden. Lockdown eben. Da habe ich mir auf die Schnelle noch einen teuren Rückflug gesichert. Eigentlich wollte ich damals noch eine Woche länger in Spanien bleiben.

Haben Sie keine Angst, dass es dieses Mal wieder so endet?

Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon etwas Angst davor.

Wir haben Sie die Zeit im Frühjahr 2020 erlebt?

Ich habe mir natürlich auch so meine Gedanken gemacht, habe darüber sinniert, wie es wohl für mich als Profi weitergehen wird, denn ich bin ja auf die Gelder der Sponsoren angewiesen – und wenn es denen schlecht geht, kann es passieren, dass Fördermittel ad hoc gestrichen werden. Ja, ich habe sogar damit geliebäugelt, Pakete auszutragen, doch soweit ist es glücklicherweise dann doch nicht gekommen.

Haben Sie Sponsoren verloren?

Meine Sponsoren haben mich nicht fallen lassen, außerdem habe ich als Profi auch Unterstützung seitens des Staates erhalten. Ich komme zurecht. Dennoch war es schwierig, da es ja kaum Triathlon-Wettkämpfe gab.

Das verordnete Social Distancing dürfte Sie aber nur rudimentär bei ihrem Training eingeschränkt haben?

(Lacht) Wohl wahr. Ich bin meistens als Solitär unterwegs. Das bringt die Sportart nun einmal mit sich.

Mit dem Beginn des zweiten Lockdowns Anfang November mussten Sie sich jedoch mit einer anderen Thematik herumschlagen.

Ich durfte im Rahmen meines Trainings nicht mehr zum Schwimmen. Als Triathlet, der auf die nicht-olympische Langdistanz spezialisiert ist, fiel ich durch das Raster und fand keine Berücksichtigung seitens des Landes Thüringen. Ich erhielt keine Genehmigung für das Freizeitbad in Jena. Ich lebe zwar von meinem Sport, bin aber weder Kaderathlet noch übe ich eine olympische Disziplin aus.

Und was haben Sie gemacht?

Ich habe mich dann direkt an das Ministerium für Bildung und Sport des Landes Thüringen gewendet – und zwar mit Erfolg: Ich durfte bis zum harten Lockdown in Jena wieder schwimmen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Gab es im vergangenen Jahr überhaupt Wettkämpfe?

Ein paar gab es schon. Da war beispielsweise der Austria-Triathlon in Podersdorf am Neusiedlersee. Da habe ich eine sehr gute Zeit von acht Stunden und zwei Minuten erreichen können. Da konnte ich mich endlich einmal wieder zeigen, doch das war es dann auch schon 2020.

Sie sind ja recht spät zum Triathlon gestoßen. Was ist eigentlich das Besondere an dem Sport?

Letztlich ist es wohl das Härteste, was man an einem Tag absolvieren kann – zumindest bei der Langdistanz, die sich aus 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen zusammensetzt. Mehr geht an einem einzigen Tag nicht.

Klingt irgendwie nach dem Kampf gegen sich selbst?

Ja, das trifft es sehr gut. Was kann der eigene Körper bei Hitze, im Wasser und vielleicht auch bei Gegenwind leisten? Und natürlich ist es auch der Weg dorthin. Auf einen Triathlon kann man sich nicht in 14 Tagen vorbereiten.

Was sind Ihre Ziele für 2021?

Ich möchte natürlich gesund bleiben und auch frei von Verletzungen, außerdem hoffe ich auf den Impfstoff und darauf, wieder große Ironman-Rennen absolvieren zu können.

Am Sonntag fliegen Sie nun gen Lanzarote. Was geht Ihnen da im Vorfeld durch den Kopf, immerhin soll in Deutschland im schlimmsten Fall der Bewegungsradius auf 15 Kilometer eingeschränkt werden?

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite freue ich mich ungemein darauf, in der Wärme trainieren zu können und mich uneingeschränkt bewegen zu dürfen. Aber ich fahre da ja auch nicht zum Spaß hin. Ich werde dort hart arbeiten. Auf der anderen Seite ist die leidige Corona-Thematik auch bei mir allgegenwärtig. Etwas mulmig ist mir schon.

Sie haben Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie in Jena studiert und sind ein passionierter Leser. Werden Sie ein Buch mit ins Trainingslager mitnehmen?

(Lacht) Ich werde sogar mehrere mitnehmen, die ich naturgemäß aber nicht alle schaffen werde. Als Erstes steht nun „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Noah Harari an, welches ich schon vor geraumer Zeit lesen wollte.

Und was war eigentlich das letzte Buch, das Sie gelesen haben?

Da ja vor kurzem John le Carré verstarb, habe ich „Der heimliche Gefährte“ von ihm noch einmal gelesen.