Jakob Maschke über Sportvereine, die sich nicht gehört fühlen, und die Stadt Erfurt, die sie nicht hört.

Bald lernen die Schüler an der Mittelhäuser Straße also in Containern die mehr oder weniger wichtigen Dinge fürs Leben. Es werden nicht nur hier immer mehr – zu viele, um sie noch in den Räumlichkeiten der dortigen Regel- und Gemeinschaftsschule unterzukriegen. Ein Teil ihres Sportunterrichts soll dann im benachbarten Turnzentrum stattfinden.

Für eine Landeshauptstadt, eine Hauptstadt des Sports, wie Oberbürgermeister Andreas Bausewein bei diversen Anlässen gern betont, ist das ein Armutszeugnis. Dass die Stadt organisatorisch und finanziell nicht in der Lage ist, genügend sachgerechte Räumlichkeiten für Unterricht und Schulsport bereitzuhalten, ist beschämend. Dass es der MTV 1860 Erfurt, mit 1275 Mitgliedern der zweitgrößte Sportverein der Stadt, nun ausbaden soll, ist traurig. Ein Erfurter Eckpfeiler des Leistungssports, Ehrenamts und Kinder- bis Seniorensports sieht dadurch seine Zukunft bedroht.

Es zeigt einmal mehr, dass Sportvereine, mitunter sogar die mit Rot-Weiß im Namen, in Erfurt politisch wenig Lobby haben. Das Theater um die kleine Eishalle, wo seit über zwei Jahrzehnten nur notdürftig repariert statt wie dringend notwendig und mehrfach versprochen grundhaft saniert wird, ging jüngst in die nächste Runde – die Stadtverwaltung hatte einen Fördermittelantrag an den Bund verschlafen.

Leidtragender ist hier der EHC Erfurt, der trotz toller und vom Deutschen Eishockey-Bund prämierter Nachwuchsarbeit in einer maroden, aus der Zeit gefallenen Halle trainieren und spielen muss. Eines von mehreren Beispielen, wo Versprechen der Stadt an einen Sportverein wiederholt nicht eingehalten worden sind. Kein Wunder, dass Vereine immer wieder beklagen, sich nicht gehört zu fühlen.

Wenn jetzt auch noch die Büchse der Pandora, sprich Spezialsportstätten für den normalen, nicht leistungssportlich orientierten Schulsport geöffnet werden, wäre das ein weiterer harter Schlag für die Entwicklung der Sporttalente in Erfurt.

Olympiastarter wie Nils Dunkel, der im Turnzentrum zu einem der Besten seines Fachs reifte und dort zuletzt nach schwerer Verletzung daran arbeiten konnte, sich mit einem wundersamen Comeback für Tokio zu qualifizieren, dürfte es dann künftig gar nicht mehr geben.