Marco Alles über die Debatte um Fußball-Schiedsrichter Gräfe.

Dirk Orlishausen bekommt immer noch Puls, wenn er den Namen Manuel Gräfe hört. Der Schiedsrichter hatte mit einem einzigen Pfiff den Traum des früheren Erfurter Torhüters von der Fußball-Bundesliga zerstört. Im Juni 2015 rettete ein fragwürdiger Freistoß in der Nachspielzeit des Relegations-Rückspiels den HSV. Noch heute fühlen sich Orlishausens Karlsruher um den Aufstieg betrogen.

Es sind also nicht alle (Ex)-Profis gut auf Gräfe zu sprechen. Doch die Spielerfront, die sich derzeit formiert, zeugt von dessen großer Beliebtheit. So tauschte der Frankfurter David Abraham nach seinem letzten Einsatz sogar das Trikot mit ihm. Seit Jahren ist der Berliner der Beste seines Fachs; ausgestattet mit natürlicher Autorität und gelassener Kommunikation. Einer, dem man Fehler eher verzeiht als übereifrigen, oft unnahbaren jungen Referees. Dass Gräfe trotzdem am Saisonende aufhören soll, weil er mit 47 die Altersgrenze erreicht hat, stößt vielen Kickern sauer auf.

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob diese Vorschrift noch sinnvoll ist. Auch Spieler werden ja nicht in den Ruhestand geschickt, wenn sie eine gewisse Anzahl an Jahren auf dem Buckel haben. Sollte in Zeiten von Fitness- und Regeltests sowie kontinuierlicher Bewertungen daher nicht auch bei Schiedsrichtern das Leistungsprinzip gelten?

Ob der DFB zum Umdenken bereit ist, darf bezweifelt werden. Von jeher sind dem Verband Paragrafen heiliger als Fähigkeiten. Zudem gilt Gräfe als unbequem; als einer, der aneckt und öffentlich nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Ohne ihn dürfte es innerhalb der Schiedsrichter-Gilde ruhiger zugehen. Auf dem Platz aber wird man ihn vermissen. Weil seine Nachfolger viel zu wünschen übrig lassen.