Erfurt. Am Samstag starten die ambitionierten Zweitliga-Schachspieler des Erfurter SK in die Saison. Simultan mit Großmeister Thomas Pähtz zum Auftakt des Heimspiel-Wochenendes.

Das Ziel ist ambitioniert, aber lohnend. In drei Jahren wollen die Schachspieler des Erfurter SK wieder in der 1. Bundesliga spielen. Eine schachliche Agenda 2022, die Tradition und Zukunft verbindet und die Vereinspräsident Joachim Brüggemann so begründet: „In jüngster Vergangenheit haben wir viel Zeit und Kraft in das Training und Heranführen der Jugend an das Spitzenschach investiert, zahlreiche beeindruckende Ergebnisse bei deutschen Meisterschaften zeugen davon.“

Nun soll die Reifeprüfung folgen. Die Besten der ESK-Talente spielen gerade in der Altersklasse der 14- bis 16-Jährigen. In drei Jahren, so die einfache Mathematik, stehen sie dann als Junioren idealerweise für den Sprung in die erste Mannschaft bereit.

Den hat mit Moritz Weishäutel der Talentierteste nominell schon geschafft. Für die morgen mit dem einzigen Heimspiel-Wochenende beginnende Zweitliga-Saison ist der 15-Jährige an Brett acht und damit im Stamm gemeldet. Momchil Kosev (14) und Victoria Wagner (15) an den Brettern 17 und 18 gehören immerhin schon symbolisch zum Top-Team des ESK. Ein hoffnungsvolles Trio, das Paul Seinsoth (14), der gerade in der zweiten Mannschaft auftrumpft, zum Quartett komplettiert.

Natürlich kann es die Jugend nicht allein schaffen. Beim ESK haben die Talente das Glück, gestandenen Meistern über die Schulter schauen zu können. Mit dem russischen Großmeister Jewgeni Romanow haben die Erfurter am Spitzenbrett schon seit einigen Jahren ein schachliches Schwergewicht sitzen. Und der frühere Nachwuchsweltmeister und EM-Dritte bei den Männern möchte sein Wissen künftig als Trainer weitergeben.

Überhaupt scheint Vereinstreue ein einzigartiges Gütesiegel der Erfurter Schachspieler zu sein. Der Stamm spielt seit fast zwei Jahrzehnten zusammen, von den Ausländern gehörte der polnische Großmeister Robert Kuczynski schon vor 25 Jahren zum Verein, der damals noch SV Erfurt West hieß.

Sie alle sind Idealisten, spielen fast ausschließlich für die Ehre. Trotzdem müssen die Erfurter immer wieder neu abwägen, ob sie im Falle des Staffelsieges ihr Aufstiegsrecht für das Oberhaus auch wahrnehmen – oder schweren Herzens verzichten. Ihre bislang letzte Erstligasaison vor vier Jahren schlug mit 30.000 Euro zu Buche. Geld, das zu großen Teilen allein die nötige Technik verschlingt. Alle Partien müssen ins Internet übertragen werden, so schreibt es die Schachbundesliga-Vereinigung vor. Ein Sensorbrett kostet rund 600 Euro, für die üblichen Doppelrunden mit vier Mannschaften braucht der Verein mindestens 16. Oder muss sie – ebenfalls kostspielig – für jedes Heimspiel neu ausleihen.

Eine mittlere fünfstellige Summe für die Saison – das ist viel für einen Verein wie Erfurt. Es ist wenig im Vergleich zu Ligakrösus Baden-Baden, der sich die halbe Weltelite leistet und inklusive Antrittsgagen geschätzt auf das Zehnfache des hiesigen Budgets kommt. Und noch viel weniger erscheint es jedem, der Parallelen zum Fußball zieht.

„Intelligenten Menschen in einer lebenswerten Stadt ein interessantes Spiel nahebringen“, so umreißt Vereinschef Brüggemann seine Vision. Wer neugierig geworden ist, kann heute ja schon mal Großmeister Thomas Pähtz, Erfurts ewiger schachlicher Gallionsfigur, beim Simultan über die Schulter schauen.

2. Schach-Bundesliga Freitag, 18 Uhr: Simultan Pähtz Samstag, 14 Uhr: ESK–MünchenSonntag, 10 Uhr: ESK – Garching