Erfurt. Die Tschechin prägt das Spiel des Thüringer HC. Doch die Kapitänin erwartet im August ihr erstes Kind. Sportlich ein Schlag für den Bundesliga-Vierten.

Brillanz entsteht durch 57 Facetten. Es ist der feine Schliff, der in einen Diamanten funkeln lässt; oder aber der eine hochtalentierte Handballerin wie Iveta Korešová zu einer brillanten macht.

Abseits der Halle ist es nicht ihre Sache, die Richtung zu bestimmen. Auf dem Feld schon. Wenn es darum geht, Tore vorzubereiten und zu werfen, legt die Tschechin los. Siebenmeter, Würfe oder der unnachgiebige Zug zum Tor, wenige haben das Spiel des Thüringer HC so geprägt wie Iveta Korešová. Von sehr wenigen machte Trainer Herbert Müller den Erfolg der Mannschaft so abhängig wie von der Frau aus Písek.

„Iveta ist der Chef auf dem Feld, mein verlängerter Arm. Sie ist eine, die Handball versteht, ein Spiel lesen und lenken kann“, schwärmt Müller von der 30-Jährigen. Seit sieben Jahren spielt sie beim THC und ist die unumstrittene Führungsfigur.

Eine neue Seite wird ab August hinzukommen. Die Kapitänin erwartet ihr erstes Kind. Sportlich ein Schlag für den Bundesliga-Vierten, menschlich eine wunderbare Geschichte. Die Mannschaft freut sich mit, die werdende Mutter strahlt.

„Wenn Iveta in der Saison schwanger wird, sind wir raus dem Titelrennen“, kündigte Müller vor dem Spieljahr an. Es scheint sich zu bewahrheiten. Im Moment zählt bloß der Kampf um einen internationalen Startplatz. Überraschend kam die Nachricht für den Trainer nicht. „Wir haben vor der Saison davon gesprochen. Wir wollten fair sein“, erzählt die Spielführerin. Auch das schätzen die Trainer an ihr: die Offenheit, das Vorausdenken für die Mannschaft.

Bundesliga-Handballerin 2018, viermal Tschechiens Handballerin des Jahres

Sie lebt es vor: Bundesliga-Handballerin 2018, viermal Tschechiens Handballerin des Jahres, 108 Länderspiele, 463 Tore. Rekordtorschützin des THC. In 228 Einsätzen erzielte sie 1345 Treffer. „Sie ist neben Karolina Kudlacz-Gloc eine der wenigen Top-Stars der Bundesliga“, sagte Herbert Müller einmal. Das Lob ist manchmal zu viel des Guten für sie. „Wenn ich nur sechs Tore mache, denke ich manchmal, ich war nicht gut.“ Besser zu werden, geht immer, findet sie.

Ihr Weg aufs Parkett führt durchs Wasser. Mit sieben beginnt sie mit dem Schwimmen. Das frühe Aufstehen aber passt dem Mädchen nicht. Gut findet sie sich auch nicht. Einmal wird sie 15. von 16. Beim Handball fühlt sie sich wohler. Ihre beste Freundin ist dabei.

Zehn Jahre durchläuft sie die Schule bei Trainer Michal Horak in Písek, entwickelt Treffsicherheit speziell von der Strafwurflinie, obwohl sie immer Torhüterin sein wollte. Wegen des „Stellungsspiels, des Mitdenkens“. Ihr Trainer sieht anderes Talent, großes. Von Linksaußen geht’s in die Schaltzentrale, mit 19 ins Nationalteam.

Ein „Rohdiamant“, findet Müller, der ihre vielen Facetten früh erkannt hat. Iveta Korešová erinnert sich, wie er auf sie zukam. 2012, da hieß sie noch Luzumova, bei der EM in Serbien. Sie spielt damals in Frankreich, sitzt wegen einer Blessur auf der Tribüne. Müller weiß, dass sie einen Freund hat, der in Tschechien Fußball spielt. Er möchte, dass sie nach Thüringen kommt.

Sie zögert. Ihre Jugendliebe ist der Grund, dass sie dann doch dem Ruf folgt. In Erfurt ist sie Štěpán Koreš näher. Ganz nah ist sie ihm, seit der frühere Profi von Dukla Prag in Nordhausen anheuert. Im vorigen Sommer heiraten sie.

„Sport ist mein Leben“

Doch der Start vor sieben Jahren in Thüringen ist schwer. Wieder ein neues Umfeld für die junge Frau mit einem Bachelor-Abschluss in Wirtschaft. Später dann eine langwierige Verletzung. „Aber Sport ist mein Leben“, sagte sie – und überwindet alle Hürden. Sie liest Krimis, Liebesgeschichten und das Spiel fast so wie die Müllers. Sie spricht deutsch besser als englisch, sieht sich spielerisch nur manchmal nicht dort, wo sie gern sein möchte.

„Ich habe nie ein Angebot von Györ erhalten“, seufzt sie. Ihr Können knüpft sie auch an die Nachfrage der Großen. Einmal beim Champions League-Sieger zu spielen, ist ihr Traum gewesen. Ob er noch wahr wird? Ob sie überhaupt noch einmal wechseln wollte? Den herrlichen Blick von der Wohnung in den Erfurter Nordpark möchte sie eigentlich nicht mehr eintauschen. Auch nicht den THC. Müller freut sich darauf, wenn Iveta Korešová zurückkehrt. Vielleicht Ende des Jahres. „Ohne Iveta spielt der THC nicht nur ohne seine Beste, er spielt ohne die Beste der Bundesliga.“

Wie viel Schliff sie noch benötige, um so gut zu sein, wie sie wollte? „Ich weiß nicht“, sagt Korešová. So, als wollte sie sagen, man ist nie gut genug. Das Feuer dafür trägt sie im Herzen. Und die 57 Facetten seit einigen Monaten am Ringfinger.