Eisenach. Vor dem Abschiedsspiel am Freitag spricht der Rückraumspieler im Interview über Aufstiege, Abstiege und kantige Teamkollegen.

Daniel Luther zeichnete etwas aus, was in der heutigen Zeit eine Rarität ist: Vereinstreue. Nahezu 22 Jahre lang trug er das Trikot des ThSV Eisenach. Mit dem Wiederaufstieg im vergangenen Sommer verließ er die Handballbühne, nach 375 Pflichtspielen für die erste Mannschaft des ThSV, wobei er in 1. und 3. Bundesliga sowie 3. Liga 904 Treffer markierte. 32-jährig sagt er Tschüss. Mit einem Abschiedsspiel am Freitag ab 19.30 Uhr verabschiedet sich Daniel Luther, der inzwischen bei der Firma Ziegler in Hörselberg-Hainich als Techniker arbeitet, nun endgültig vom Handballparkett..

Sie kamen in der 3. Schulklasse zum Handball, zum ThSV Eisenach…?

Ich hatte schon mehrerlei ausprobiert, hatte bei den Leichtathleten geschnuppert, war mal beim Karate und auch beim Schwimmen. Beim Handball bin ich dann hängengeblieben.

Was hat Sie all die Jahre am Handball fasziniert?

Der Sport an sich; alles, was ich gut empfunden habe. Ich brauchte viel Bewegung, da war ich beim Handball richtig. Ich habe mit Mannschaftskameraden schon vor und auch nach dem offiziellen Training mit dem Ball gespielt. Und da waren natürlich Ende der 90er Jahre die großen Vorbilder im eigenen Verein, in der 1. Handball-Bundesliga. Ich habe als kleiner Fan hinter der Bande gehockt und mitgefiebert. Natürlich gab es den Traum, selbst einmal da zu stehen.

Bekommen Sie Ihre Trainer noch zusammen?

Ich begann ja in der D-Jugend. Da waren Peter Hattenbach und Regina Berg meine Trainer. Später waren es Peter Hattenbach und Andreas Herold sowie Stephan Albrecht. Im A-Jugend-Bereich trainierte ich unter Leitung von Matthias Allonge und Andreas Schwabe. Frank Ihl war mein Trainer in der zweiten Männermannschaft. In der ersten Mannschaft hießen meine Trainer Zdeno Vanek, Achim Ursinus, Maik Handschke, Adalsteinn Eyjolfsson, Velimir Petkovic, Gennadj Chaleppo, Christoph Jauernik, Arne Kühr und Sead Hasanefendic. Ich hoffe, ich habe keinen vergessen.

Was bleibt besonders haften?

Natürlich die ersten Einsätze in der ersten Mannschaft: Und wenn dann noch gewonnen wurde, ein Traum ging in Erfüllung. Die weiteren Höhepunkte: die Qualifikation für die eingleisige 2. Handball-Bundesliga, die beiden Erstliga-Aufstiege und zuletzt der Aufstieg von der 3. in die 2. Liga. Wobei ich auf die Begegnungen in der dritten Liga gern verzichtet hätte…

Was waren eher „schwarze Stunden“?

Das dunkelste Kapitel meiner Laufbahn war die Abstiegssaison in die 3. Liga. Das muss freilich im Zusammenhang betrachtet werden, was da passiert ist. Personelle Umbrüche innerhalb kürzester Zeit mit einer ungünstigen personellen Zusammensetzung. Es passte einfach nicht. Eisenachs über Jahre prägende besondere Stärke, das Miteinander, war nicht da. Wir waren weder eingespielt, noch hatten wir Vertrauen in uns selbst als Spieler und als Mannschaft. Hinzu kamen die „Nebengeräusche“, ja der „Rosenkrieg“ in der Führungsetage. Uns wurde immer wieder gesagt, wir sollen das ausblenden, doch Spieler sind keine Maschinen. Das Konstrukt in der Leitung und im Spielerbereich passte einfach nicht. Die nahezu logische Konsequenz war der Abstieg in die 3. Liga.

Im Laufe einer solch langen Karriere bleiben Verletzungen nicht aus?

Davon gab es nicht wenige. Oft habe ich mir die Finger ausgekugelt, bin umgeknickt, was mein Fußgelenk stark beeinträchtigte. Da waren ständige Rückenschmerzen, deren Ursache, eine Wirbelbogenfraktur, erst spät diagnostiziert wurde. Das beeinträchtigte mich lange. Dann kam beim Auswärtsspiel in Hüttenberg der Achillessehnenriss, eine Horrorverletzungen.

Welche Trainer waren prägend?

Jeder Trainer hat auf seine ganz spezielle Art und Weise mitgewirkt, mit jedem konnte ich Erfolge feiern, bin mit jedem klar gekommen. Befindlichkeiten haben keine Rolle gespielt.

Wer waren die kantigsten, die unangenehmsten Gegenspieler?

In Spielen, wo es bereits im Vorfeld so richtig gebrannt hat, beispielsweise in besonderen Derbys, da ging es richtig zur Sache, wurde es auch ruppig. Das waren aber auch jene Spiele, in denen es richtig Spaß gemacht hat. Handball ist eben eine Vollkontakt-Sportart. Die kantigsten Abwehrspieler hatte ich eigentlich in meiner eigenen Mannschaft, manchmal zu meinem Nachteil im Training. Wer fällt mir da ein? Natürlich Branimir Koloper, Nicolai Hansen und Duje Miljak. Da tat`s richtig weh.

Sie trugen fast 22 Jahre ununterbrochen das Trikot des ThSV. Gab es nie Lust zum Wechsel?

Die eine oder andere Anfrage gab es. Ein Wechsel wäre finanziell sinnvoll und lukrativ gewesen, doch was nutzt das, wenn man sich woanders nicht wohl gefühlt hätte. Ich pflege in Eisenach viele Freundschaften, habe hier meine Familie, einen großen Bekanntenkreis, fühle mich in meiner Heimatstadt wohl und geborgen. Das ist nicht mit Geld aufzuwiegen.

Sie erwähnten es bereits, auf die Drittliga-Punktspiele hätten Sie gern verzichtet?

Wir mussten den Gang tun. Ehrlich, die 3. Liga ist eine andere Handball-Welt. Das war schon eine Umstellung! Im Spiel selbst und bei den Rahmenbedingungen. Auch bei den Schiedsrichtern, die manchmal mit einer unerklärlichen Arroganz aufwarteten.

Werden Sie die Werner-Aßmann-Halle vermissen?

Warum vermissen? Ich komme doch oft als Zuschauer. Wenn es die Zeit erlaubt, komme ich mit meinem Sohn Hannes. Ich wohne zudem nicht weit weg von der Halle.

Können Sie sich vorstellen als Trainer oder Funktionär beim Handball mitzuwirken?

Nein. Ich war Spieler und das 22 Jahre. Gern. Punkt.

Empfehlen Sie Ihrem Sohn den Handballsport?

Ich empfehle ihm nichts. Er wird sich für das entscheiden, was ihm Spaß macht. Ich werde meinen Sohn in keine Richtung drängen.

Was trauen Sie dem ThSV Eisenach in dieser Saison zu?

(Lacht) Mal sehen, wie die aktuelle ThSV-Zweitligamannschaft gegen mein Team „Eisen & friends“ zurechtkommt. Danach werden wir sehen, wohin der Zug in der 2. Liga rollt. Spaß beiseite, wichtig waren die Siege in vier aufeinanderfolgenden Heimspielen während der Hinrunde. Da hat das Team überzeugt. Gegen etliche Mannschaften der Liga, siehe die letzten Begegnungen, hat sie noch kein Mittel gefunden. Als Aufsteiger aus der 3. Liga heißt das oberste Ziel natürlich Klassenerhalt. Nach dem Umbruch im Sommer hat die Mannschaft schon bewiesen, gut zusammenspielen zu können, aber es ist noch nicht das eingespielte Team, das wir uns wünschen. Aber sie sollte es werden!

Sie stehen jetzt im Berufsleben. Was hat sich gegenüber der Handballzeit geändert?

Abends gehe ich ohne Schmerzen ins Bett. Morgens brauche ich nicht mehr eine Stunde, um mich komplett richtig bewegen zu können. Und endlich habe ich auch am Wochenende frei, kann spontane Entscheidungen treffen, bin nicht durch einen Spielplan gefesselt.